Freud und Leid der modernen Frau: Auf der Suche nach dem Hirn
Von Yvonne Widler
Meine längste Freundin ist heute Mutter einer zehnjährigen Tochter. Als wir neulich zu dritt auf dem Balkon standen, begannen die beiden vor mir zu diskutieren. Es ging um das Handy, das nicht aufgeladen war, was die Tochter fürchterlich erzürnte.
Daraufhin setzte meine Freundin einen leicht abschätzigen Gesichtsausdruck auf und dann sagte Töchterlein zur Mama: „Du brauchst die Augen nicht nach hinten rollen, dort findest du auch kein Hirn.“ Innerlich habe ich geschmunzelt, äußerlich ließ ich mir nichts anmerken. „Woher hat sie das nur? So hat sie noch nie mit mir gesprochen!“, meine Freundin war schockiert. Ich dachte mir, das ist dann wohl einer dieser Momente, den sie meinen, wenn sie sagen, du bekommst doch so viel zurück.
Frauen in den Dreißigern werden – oft auf unliebsame Weise – mit der Kinderfrage konfrontiert. Interessant finde ich, dass ein gerne gebrauchtes Argument lautet: Es wäre doch traurig, wenn wir auf dieser Erde keine Spuren hinterlassen würden und wenn alles, was man sich aufgebaut hätte, umsonst gewesen wäre.
Die Angst, dass die Menschheit zu wenige Spuren auf der Erde hinterlässt, umtreibt mich grundsätzlich eher weniger. Ich denke dabei auch an den Satz aus einer Kolumne, über die ich kürzlich gestolpert bin. „Wäre ich tot und kinderlos, wäre es mir scheißegal.“
Meine Freundin hingegen wusste schon immer, dass sie Mutter werden wollte. Sie hat diese Entscheidung an keinem einzigen Tag bereut. Was sie aber bereut: Sie bekam das Kind mit dem falschen Mann (mittlerweile Ex). Nicht interessiert an gleichwertiger Arbeitsteilung, tradierte Erziehungsvorstellungen, Karenz halbe-halbe aufteilen? Sicher nicht. Kochen ist etwas für Frauen.
Würde er seine Augen nach hinten rollen, fände er vermutlich auch nicht viel.