Meinung/Kolumnen/Sex in der freizeit

Lang-Wirtschaft

Als die Herren noch nackt durch die Wildnis zogen, zählten Naturalien.

Gabriele Kuhn
über Penisgrößen:

Irgendwie spannend, dass die Penisgröße immer noch ein Thema ist, das in regelmäßigen Abständen für sowas wie Erregung sorgt.

Erst vor Kurzem erntete ein australischer Biologe mit einer Studie zum männlichen Geschlechtsorgan globale Aufmerksamkeit. Warum versteift sich einer auf dieses Forschungsgebiet, frage ich mich. Ein Biologe könnte doch auch sehr fein über Straußeneier, Känguruh-Beutel oder Wombat-Schwänzchen nachdenken. Aber nein, das Leben des Brian Mautz scheint dem Forschungsgegenstand "Penis" gewidmet: "Männliche Genitalien zeigen eine große Variabilität zwischen eng verwandten Arten." Er schreibt: "Diese Variation wird üblicherweise der sexuellen Selektion oder der weiblichen Partnerwahl zugeschrieben."

Heißt das: Als die Herren noch nackt durch die Wildnis zogen, zählten Naturalien. Die standen symbolisch für das, was einer damals sein musste: ein cooler Johnny, der kämpfen, stark sein, ein Mammut erlegen und kräftige Kinder zeugen kann. Je größer so ein Schwanz also, desto besser das Image. Klar – einem zart Behangenen traut man kaum die große Mammut- und Begattungsnummer zu. Den mag man vielleicht als Fellteppich am Feuer, aber zum Überleben von Stamm und Sippe brauchte es den starken Mann. Vermutlich haben sich Frauen damals kaum Gedanken darüber gemacht, ob so einer sensibel und spielerisch mit seinem Urzeit-Beil umgehen kann und ein Großmeister des Vorspiels ist. Damals ging es wohl nur um das nackte Überleben – ohne Schnickschnack und kompliziertes Schnackseln.

Ein wenig von dieser urzeitlichen Schlichtheit dürfte – trotz Evolution und Emanzipation – den Damen immer noch innewohnen: Mautz konfrontierte seine Probandinnen – 100 Australierinnen – mit lebensgroßen Bildern von nackten Mannsbildern. Es gab nur drei Variablen zu beurteilen und zu "mögen": Körperbau, Körpergröße, Penisgröße. Das Ergebnis der Damenwahl: Mesdames präferierten die groß Gewachsenen, die athletischen und die mit einer beachtlichen Länge im Schritt. Was Logik hat: Wenn sich die „Qual der Wahl“ auf die schlichtesten Parameter reduziert, greift fast jeder zum üppigen Wurstsemmerl statt zum Brotbröserl.

Der Schluss "Frauen bevorzugen Männer mit großen Schwänzen" ist trotzdem unzulässig. Es ist nämlich so: Wenn wir Damen heute ausgehen und Herren treffen, dann kreuzen die nicht naturtrüb – also pudelnackert – auf, sondern stecken in Jeans, Hemd, Sakko und allenfalls sogar einem Krawattl. So ein Mann spricht im besten Fall auch, er lacht, er gestikuliert und man sieht allenfalls sogar eine teure Uhr oder die Farbe seiner Kreditkarte. Jetzt zählt vieles, aber doch nicht das, was in der Hose steckt. Man findet den Typen charmant, interessant, klug oder schlicht hammergeil. Der Rest ist „Fuck in progress“. Ist es nämlich dann einmal so weit, zählt eher das: "Was ist er denn? Was hat er denn? Was kann er denn? Was red't er denn? Wer glaubt er, dass er is?" (Falco). Und wenn all das passt, darf sein Ding auch unterdurchschnittlich daherkommen. Wie heißt’s außerdem? Nachts sind alle Katzen grau. Das ist mit Schwänzen kaum anders.