Meinung/Gastkommentar

Unser Krieg gegen die Natur!

Wir sind mit ganz großen Herausforderungen konfrontiert. Wir haben die Klimakrise, eine Energiekrise und eine Lebensmittelkrise – die letzten beiden ausgelöst durch den Ukrainekrieg. Zudem haben wir die Ungewissheit der Pandemie. Wir haben in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Wir haben uns zum Beispiel beim Gas im Wesentlichen von einem Lieferanten abhängig gemacht. Wir haben zu wenig in Klimaschutz investiert. Wir führen einen Krieg gegen die Natur, indem wir Tag für Tag unsere Böden durch Verbauung zerstören. Die Auswirkungen sind vielschichtig und fatal.

Es gibt kein zweites Land in Europa, das so grob fahrlässig mit der Lebensgrundlage Boden umgeht wie das hierzulande der Fall ist. Tag für Tag werden 11,5 Hektar wertvolle Äcker und Wiesen zubetoniert. Wenn wir so weitermachen wie in den letzten 10 Jahren, haben wir in Österreich in 200 Jahren keine Agrarflächen mehr zur Verfügung.

Wir beschleunigen so den Klimawandel, da der Boden wertvoller Kohlenstoff- und Wasserspeicher ist. Wir gefährden die nationale Lebensmittelversorgung und auch die Schönheit unseres Landes. Ein Land ohne Böden ist wie ein Mensch ohne Haut, nicht überlebensfähig.

Was lernen wir daraus? Der Schutz der Ernährungssouveränität ist eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. Und dazu gehört der Erhalt unserer Lebensgrundlage Boden. Wer Sicherheit will, darf Böden nicht weiter zubetonieren. Ohne Böden kein Essen und ohne Essen kein Leben.

Faktum ist: Nicht die Natur braucht uns, sondern wir brauchen die Natur. Wir dürfen den Wohlstand einer Gesellschaft nicht allein an einer einzigen Kennzahl, dem Bruttoinlandsprodukt, bemessen. Denn wie viel Schaden sich hinter der Kennzahl BIP verbirgt, bleibt verborgen.

Wirtschaft muss neu gedacht werden! Wir müssen in die jährliche volkswirtschaftliche Gesamtrechnung auch die Kennzahl Naturkapital aufnehmen.

Das heißt zum Beispiel, wie viel Böden haben wir durch Verbauung wieder für immer zerstört? Wie viele umweltschädigende Straßen haben wir wieder gebaut? Wie viel fossile Energie haben wir wieder verbraucht? All diese Kennzahlen gehören umgehend in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung aufgenommen.

Nachfolgende Generationen werden es uns danken. Denn wir brauchen einen intakten Naturraum als Erholungsraum für Mensch und Tier und um Klimakatastrophen, wie zum Beispiel Hochwasser- und Überschwemmungsschäden, abzufedern. Ob ein Wandel passiert, bleibt offen.

Die Bürgerinnen und Bürger sind längst dazu bereit. Weitermachen wie bisher ist jedenfalls keine Option. Wir müssen jedenfalls die Chance ergreifen und Wirtschaft neu denken. Unsere Kinder und Kindeskinder werden es uns danken.

Kurt Weinberger ist Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.