Überfällige Übergewinnsteuern
Während die Konsumenten nicht mehr wissen, wie sie die nächste Stromrechnung, die nächste Tankfüllung zahlen, fahren große Energiekonzerne enorme Übergewinne ein. Stromerzeuger profitieren von der Preissetzung am Strommarkt. Da sich der Strompreis am teuersten Erzeuger orientiert, treibt der kriegsbedingt hohe Gaspreis auch den Strompreis nach oben. Das gilt auch, wenn der Strom aus Wasserkraft, Sonnen- oder Windenergie gewonnen wird – wie etwa beim Verbund, der seinen gesamten Strom erneuerbar erzeugt. Bei Mineralölkonzernen wie der OMV klingelt hingegen die Kassa, weil sie im Windschatten der hohen Preise ihren Gewinnaufschlag auf den Liter Benzin oder Diesel nach oben schrauben.
Seit Jahresbeginn freuen sich allein der Verbund und die OMV zusammen über fast vier Milliarden Euro Übergewinne. Zusätzlich zu mehr als zwei Milliarden Euro normalem Gewinn. Eine Sonderdividende hier und da verteilt den Kuchen nicht gerechter: Selbst bei teilstaatlichen Unternehmen kommt damit nur ein Teil der Übergewinne der Allgemeinheit zugute. Der Rest des ausgeschütteten Geldes landet in den Taschen privater, teils ausländischer Aktionäre.
Wesentlich effektiver und wirtschaftlich sinnvoller: die Abschöpfung der Gewinne mit der Übergewinnsteuer. OMV und Co. scheffeln die aktuellen Gewinne ja nicht, weil sie in den letzten Jahren so klug investiert haben, sondern weil sie vom Krieg in der Ukraine profitieren.
Keinem Energieunternehmen schadet die Gewinnsteuer: Bis Investitionen von heute Gewinne abwerfen, ist die Abgabe längst wieder Geschichte. Der Bau großer Anlagen, Wasserkraftwerke oder Windräder braucht bis zu einem Jahrzehnt. Auch werden Energieerzeuger nicht für vergangene Investitionen „bestraft“. Krieg und Knappheit hat niemand unternehmerisch vorhergesehen. Zeitlich begrenzt ist eine Übergewinnsteuer die effizienteste Steuer überhaupt. Auch die EU hat das bereits erkannt und einigte sich politisch auf eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne. Zumindest einen Teil ihrer Übergewinne sollen sie nun an den Staat abgeben. Einen Großteil der Übergewinne lässt der EU-Vorschlag jedoch unangetastet: Für Mineralölkonzerne ist der Mindeststeuersatz mit 33 Prozent niedrig angesetzt. Bei den Stromerzeugern ist der Preis, ab dem die Steuer greifen soll, mit 180 Euro pro Kilowattstunde zu großzügig bemessen. Damit erneuerbare Energieerzeuger ausreichend Profite machen, reichen 80 Euro völlig aus. Die Übergewinnsteuer der EU ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Bei ihrer Umsetzung gibt es nationalen Spielraum nach oben. Den sollte Österreich ausnützen und die Steuer weit höher ansetzen: Schöpfen wir 90 Prozent der kriegsbedingten Übergewinne über den gesamten Zeitraum der Energiekrise ab, bleibt wesentlich mehr zu verteilen.
Barbara Blaha leitet das linksliberale Momentum-Institut