Meinung

Der verschärfte Pflegenotstand

Von einem Pflegenotstand war schon die Rede gewesen, da wurden noch keinerlei Gedanken daran verschwendet, dass eine Pandemie das ganze Land einmal lahmlegen könnte. Jetzt ist die Corona-Krise Realität, und sie legt gerade im Pflegebereich die Versäumnisse der vergangenen Jahre schonungslos offen. Von teilweise fehlenden Pflegeheimplätzen über den Mangel an Pflegekräften bis hin zum Ausbleiben der ausländischen 24-Stunden-Betreuungshilfen.

Momentan ist man im Krisenmodus und versucht auf Landes- und Bundesebene, Löcher im Pflegesystem so rasch und so gut als möglich zu stopfen. Da werden Betreuungskräfte eingeflogen, da holt man ehemalige Zivildiener und pensionierte Pflegekräfte zurück, da werden Notunterkünfte vorbereitet, um Betreuungsplätze für jene älteren Menschen in Reserve zu haben, denen wegen Infizierungen oder Einreisebeschränkungen die Heimhilfen abhandengekommen sind. Weiters konnten viele ausländische Kräfte nach den Grenzschließungen mit einem Bonus auch überredet werden, einfach länger in Österreich zu bleiben.

Den Verantwortlichen ist aber auch klar, dass so ein Zustand nicht sehr lange aufrecht erhalten werden kann. Der nächste große Rückschlag könnte sein, wenn jene Betreuerinnen aus Rumänien nicht zurückkehren können, die die derzeit tätigen 24-Stunden-Kräfte ablösen sollen. Dann wird der Engpass dramatisch.

Von der türkis-grünen Regierung war bereits vor Corona eine Pflegereform angekündigt worden. Die wurde jetzt auf die Zeit nach den Covid-19-Beschränkungen verschoben. Zu lange warten sollten das Sozialministerium und die Bundesländer dann aber nicht. Neben mehr Pflege- und Betreuungskräften, deren Arbeitsbedingungen unbedingt verbessert werden müssen, und einheitlicheren Tarifen braucht es vor allem ein überschaubares System. Momentan ist der Pflegebereich in den Bundesländern ganz unterschiedlich aufgestellt. Auch was die Zusammenarbeit mit privaten Trägern und den verschiedensten Organisationen anbelangt. Nicht einmal bei der Frage der Qualität sind die Kriterien durchgängig.

Dass das Pflegesystem neu aufgestellt gehört, ist aber keine neue Erkenntnis. Da hat es schon sehr viele Gesprächsrunden zwischen dem Ministerium und den Sozialreferenten der Länder gegeben. Einig wurde man sich nur bei der Finanzierung über den Pflegefonds, an anderen Grundfesten wollte man nicht wirklich rütteln. Vielleicht ist jetzt gerade die Corona-Krise die Chance, dass sich bei künftigen Treffen mehr bewegen wird. Auch wenn dann die Rahmenbedingungen um einiges schwieriger sind, weil die Corona-Krise ein tiefes Milliardenloch in den Staatshaushalt gerissen hat.

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