Leben/Reise

Traunsee: Wo große Musiker Einkehr hielten

Wasser wirkt auf Komponisten seit jeher inspirierend. Es ist kein Zufall, dass viele Musiker an Seen und Meeresstränden Erholung suchten und dort gleichzeitig schöpferisch tätig waren. Der Traunsee im oberösterreichischen Salzkammergut scheint besonders geeignet dafür, zog er doch Größen wie Schubert, Brahms, Schönberg und viele andere an. Vielleicht auch, weil die Kontraste am Traunsee kolossal sind. Einerseits ist er mit knapp zweihundert Metern der tiefste See in Österreich, andererseits erhebt sich von seinen Ufern aus das imposante, bis 1.700 Meter hohe Traunsteinmassiv. Wenn man dann noch ein Genie ist, ergibt sich die Musik fast von selbst.

Heute noch fragen Touristen am Traunsee nach einem Zimmer im Schlosshotel Orth, das vor fast dreißig Jahren durch die gleichnamige TV-Serie im deutschen Sprachraum berühmt wurde. Das Seeschloss gibt es zwar, aber das Hotel ist eine Erfindung der Fernsehmacher. Aber sehr wohl dient das in seinen Ursprüngen fast tausend Jahre alte Schloss als beliebte Hochzeitslocation.

Es wurde viel musicirt, auch von meinen neuen Liedern.

Franz Schubert

Doch die Musiker, die den Traunsee bevölkerten, nächtigten meist ohnehin nicht in feinen Hotels, sondern in Privatunterkünften. Schubert verbrachte den Sommer 1825 im Haus des Gmundener Kaufmanns Ferdinand Traweger, „der ein prächtiges Pianoforte besitzt“, wie der Komponist an seinen Freund Joseph von Spaun schrieb. Klar, dass es während seines Aufenthalts nur ein Thema gab: „Es wurde viel musicirt, auch von meinen neuen Liedern.“

In einem Brief an seine Eltern beschreibt Schubert den Traunsee als „wahrhaft himmlisch“, er kam mehrmals, komponierte eine Sinfonie und hinterließ einen „Schubert-Krimi“, der nicht gut ausging, zumal die Suche nach verschollenen Manuskripten des Meisters erfolglos blieb. Der geniale Sommerfrischler muss sich bei den Einheimischen großer Beliebtheit erfreut haben, als er starb, herrschte am Traunsee tiefe Trauer, erinnerte sich Trawegers Sohn: „So war die Zeit, in welcher Schuberts Tod meldete, eine wahre Tränenzeit. Vater und Mutter weinten viel, und wir Kinder weinten mit. Dieser Trauerfall war lange Stadtgespräch.“

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Via Historica

Wenn sich Touristen, die das Schlosshotel Orth vergebens suchen, nach einer ebenbürtigen Bleibe umsehen, landen sie oft im Hotel Post am See oder im Das Traunsee, direkt am Ufer der Halbinsel in Traunkirchen gelegen. Beide in dritter Generation im Besitz der Familie Gröller, sind weit über die Region hinaus bekannt. Das Traunsee auch durch sein Panorama-Restaurant Bootshaus, dessen Küchenchef Lukas Nagl von Gault Millau zum „Koch des Jahres 2023“ ernannt wurde.

Traunkirchen ist eine von vier Fremdenverkehrsgemeinden am See, neben Altmünster, Ebensee und Gmunden. Das ehemalige Kloster von Traunkirchen am beschaulichen Kulturweg „Via Historica“ ist eine von vielen beachtlichen Sehenswürdigkeiten.

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Johannes Brahms verbrachte seine Sommerferien eigentlich im nahen Ischl, besuchte aber von dort aus in den Jahren 1890 bis 1896 die Industriellenfamilie Miller zu Aichholz in ihrer Gmundener Villa. Auch Brahms regte der Traunsee – einer der schönsten und gleichzeitig der viertgrößte See Österreichs – zu Kreativität an, entstanden hier doch Trios, Quartette, Quintette und Sonaten. Viktor Miller-Aichholz hatte den Komponisten kennengelernt, als er bei der Probe eines Kammermusikwerks die Noten des Meisters umblättern durfte. Da er sich dabei recht ungeschickt anstellte, soll Brahms ihn wütend fortgejagt haben. Später wurde ihm die tollpatschige Hilfskraft zum engen Freund und großzügigen Mäzen.

Miller-Aichholz kaufte nach Brahms’ Tod alles auf, was er von ihm ergattern konnte, inklusive seines Bösendorfer-Flügels, Partituren, Briefe, Fotos und die Originalmöbel aus der Ischler Sommerwohnung, um in seiner Gmundener Villa das weltweit erste Brahms-Museum einzurichten, das es freilich nicht mehr gibt. Heute befinden sich die Brahms-Memorabilien im Gmundener Kammerhofmuseum, wo sie ab 2024 gezeigt werden. Auch sonst erinnert man sich am Traunsee gerne seines berühmten Gastes, das nächste Mal am 21. Mai mit dem Konzert „Brahms und die Volksmusik“ im Stadttheater Gmunden.

Der Normalurlauber wird der Region wohl keine Kompositionen hinterlassen, doch kann man seine Zeit hier auch mit herrlichen Wanderungen, mit Baden, Surfen, Segeln und Wasserskifahren verbringen.

Anreise
Mit dem Zug  von Wien nach Gmunden, 1x täglich direkt in 2:14 Std., oebb.at

Wohnen
4-S-Hotel Das Traunsee in Traunkirchen, direkt am Seeufer, dastraunsee.at

Essen
In dem zum Das Traunsee gehörenden Haubenlokal Bootshaus kocht Lukas Nagl, „Koch des Jahres 2023“, mit großer Verbundenheit zur Region

Via Historica
Zeitreise durch die Jahrtausende: Ortsplatz Traunkirchen,  Pfarrkirche mit Fischerkanzel. Mit dem Blick auf noble Villen wird die Sommerfrische des 19. Jahrhunderts lebendig

Das Kammerhofmuseum
in Gmunden bietet einen Querschnitt durch die Geschichte der Stadt, museum.gmunden.at

Musikgeschichte

Auch Arnold Schönberg war sechs Mal am Traunsee auf Urlaub, von denen einer dramatische Folgen hatte. Er und seine Frau Mathilde nahmen im Sommer 1908 den Maler Richard Gerstl mit in die Ferien. Nach dreiwöchigem Aufenthalt überraschte der Komponist seine Frau mit dem Maler in flagranti. Das Liebespaar trat gemeinsam die Flucht nach Wien an, doch nach ein paar Tagen besann sich Mathilde eines Besseren und kehrte zu ihrem Mann zurück an den Traunsee. Worauf sich der erst 25-jährige Gerstl – einer der bedeutendsten Expressionisten Österreichs – das Leben nahm. Mathilde Schönberg besuchte Richard Gerstls Grab jedes Jahr in Begleitung ihres Mannes.

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In der „Villa Josef“ in Traunkirchen schrieb Arnold Schönberg Musikgeschichte. Mit dem Praeludium der Klaviersuite op. 25 entstand hier im Juli 1921 das erste Stück der von ihm entwickelten Zwölftonmusik.

Weitere große Komponisten, die hier einkehrten, waren Anton Bruckner, Hugo Wolf, Carl Goldmark, Erich Wolfgang Korngold, Alban Berg und Bela Bartok.

Ist schon ein besonderes Platzerl, der Traunsee.