"Wurst"-Gag und Fonda-Kritik: Golden Globes im Zeichen der Diversität
Von Peter Temel
Vieles war diesmal anders bei den Golden Globes. Die Show wurde in der Nacht auf Montag erstmals gleichzeitig von Ost- und Westküste der USA aus moderiert. Die Komikerinnen Tina Fey (in New York) und Amy Poehler (in Beverly Hills) begrüßten Krankenschwestern und andere Vertreter aus in der Pandemie besonders beanspruchten Berufen. Es war ein deutlich kleineres Live-Publikum als sonst in den großen Sälen vertreten, der Starauflauf fand virtuell mit zugeschalteten Nominierten und Gewinnern statt.
Zum Auftakt gingen Fey und Poehler auch auf Kritik an der intransparenten Zusammensetzung der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) ein - den nur rund 90 Vertretern der Auslandspresse, die über die Vergabe der Globes entscheiden. "Wir sagen "um die 90", weil einige von ihnen Gespenster sein könnten", sagte Fey. "Und es gibt ein Gerücht, dass das deutsche Jury-Mitglied nur eine Wurst ist, auf die jemand ein Gesicht gemalt hat."
Im Vorfeld hatte es in diesem Jahr viel Kritik an den Globes und der HFPA gegeben. Der Zusammenschluss von ausländischen Filmjournalisten hat vergleichsweise wenig Mitglieder, und die Los Angeles Times hatte mit einer ausführlichen Recherche die hinter den Kulissen schon seit Jahren schwelende Kritik daran neu aufleben lassen. So wurden etwa angebliche Luxus-Einladungen zu Drehbesuchen thematisiert. Ohne ein einziges schwarzes Mitglied in der Jury sei das Gremium außerdem erschreckend homogen, hieß es weiter.
Natürlich sei eine solche Preisverleihung im Grunde eine "alberne" Sache, sagte Moderatorin Fey mit Blick auf die fehlende Vielfalt innerhalb der HFPA. "Aber auch bei albernen Sachen ist Repräsentation wichtig. Stoßen wir darauf an, dass sie das bald ändern", sagte Fey und meinte damit eine diversere Zusammensetzung des Verbands.
BILDER: Die Szenen des Abends
Jane Fonda rechnete mit Filmindustrie ab
Auch die Cecil-B.-DeMille-Preisträgerin Jane Fonda (83) las der Filmindustrie die Leviten. Es gehe beim Filmemachen ums Erzählen von Geschichten, sage Fonda, und diese Geschichten seien so mächtig, weil sie es möglich machen, die Wahrnehmung der Menschen zu ändern. „Aber da gibt es eine Geschichte über uns in der Branche, die wir aus Angst nicht sehen oder hören wollten. Es ist die Geschichte, wen wir respektieren und ins Rampenlicht stellen und wen wir ausschalten. Es geht darum, wer einen Platz am Tisch angeboten bekommt und wen wir nicht in den Raum lassen, wo die Entscheidungen gefällt werden. Es betrifft also uns alle – inklusive jener, die entscheiden, wer einen Job bekommt und welcher Film gedreht wird und wer einen Preis gewinnt.“
Fonda appellierte an alle, gemeinsam dafür zu kämpfen, dass „alle nach oben kommen und alle Geschichten eine Chance haben, gesehen und gehört zu werden“. Das bedeute ja nur, die Realität anzuerkennen, „auf der Höhe der Zeit“ mit der sich entwickelnden Diversität zu sein. Kunst habe schließlich „immer den Weg nach vorne aufgezeigt“. „Also, lasst uns Anführer sein. Okay?“
Jane Fonda ist die erst siebzehnte Frau, die seit 1953 mit dem Lebenswerkpreis der Globes ausgezeichnet wurde.
Verbandspräsidentin gelobt Besserung
Im Laufe der Show räumten drei Jury-Vertreter das Versäumnis ein. "Wir müssen künftig schwarze Journalisten in unsere Organisation aufnehmen", erklärte Verbandsmitglied Helen Hoehne. "Wir werden in Zukunft dafür sorgen", sagte die frühere HFPA-Präsidentin Meher Tatna aus Indien.
Diversität bei den Auszeichnungen
Ein gutes Vorzeichen gab es schon in dieser Globe-Nacht - drei dunkelhäutige Künstler gewannen wichtige Schauspielpreise. Chadwick Boseman wurde ein halbes Jahr nach seinem Krebstod für "Ma Rainey"s Black Bottom" als bester Schauspieler in einem Drama ausgezeichnet. Andra Day, die in "The United States vs. Billie Holiday" die Jazz-Sängerin Billie Holiday verkörpert, wurde zur besten Drama-Darstellerin gekürt. Der Brite Daniel Kaluuya ("Judas and the Black Messiah") holte den Golden Globe als bester Nebendarsteller.
Erst zweiter Regie-Preis für eine Frau
Und mit dem Besten Filmdrama „Nomadland“ wurde der Film einer chinesischen Regisseurin ausgezeichnet: Chloe Zhao. Auch das ein Zeichen für mehr Diversität. Zhao ist übrigens erst die zweite Frau, die einen Golden Globe für die Beste Regie gewinnen konnte, nach Barbra Streisand für "Yentl" im Jahr 1984.
Die nächste spannende Runde im Preisreigen: Nach der Globe-Verleihung müssen nun die Mitglieder der Oscar-Akademie ihre Wahl treffen. Die Nominierungen werden am 15. März bekanntgegeben. Bei den Oscars stimmen mehr als 9000 Filmschaffende ab. Die Academy Awards sollen am 25. April über die Bühne gehen.