Kultur

Wo sind die Clowns? Die großen Theater bleiben geschlossen ...

Herbert Föttinger, der Wutbürger unter den Theaterdirektoren, veröffentlichte am 5. Mai ein von Pathos triefendes Video. Zu langsamen Schwenks durch das leere Theater in der Josefstadt vernahm man seine wohltemperierte Stimme: „Keine Aufführungen. Kein Publikum. Kein Vorhang auf, kein Vorhang zu. Kein Beifall. Keine Komödie, keine Tragödie. Kein Lachen und kein Weinen. (...) Das lässt sich auf Dauer nicht durchhalten.“

Wenige Tage später, am 14. Mai, nutzte Föttinger seine Pressekonferenz zu einem Frontalangriff. „Wir wollen endlich Perspektiven von der Bundesregierung!“ Und sie wurden ihm gleich gegeben: Am 15. Mai taten Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) kund, dass ab 29. Mai auch Indoor-Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern möglich seien.

Jubel brannte auf im Josefstädter Theater. Möchte man meinen. Doch nichts passierte. Nur die Videobotschaft ist weiterhin abrufbar.

Am 25. Mai präsentierte Martin Kušej, der Burgtheaterdirektor, seinen Spielplan ab September. Über ein Programm für den Juni verlor er kein einziges Wort.

Der Verdacht liegt nahe: Die Theatermacher der großen, zum Großteil von der öffentlichen Hand finanzierten Häuser (die Basisabgeltung für die Bundestheater beträgt knapp 163 Millionen Euro!), haben es sich in der Kurzarbeit bequem gemacht. Sie wollen gar nicht spielen.

Und sie schützen allerlei Gründe vor, um den Lappen nicht hochgehen lassen zu müssen. Etwa der nun doch so eminent wichtige Gesundheitsschutz. Das Burgtheater argumentiert auch mit „notwendigen und vorgeschriebenen Wartungs- und Revisionsarbeiten“, die vom Sommer in den Juni vorverlegt worden wären. Sie seien Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Herbst und nun – leider, leider – nicht mehr abänderbar. Überhaupt gilt: „Mit seiner Größe ist das Burgtheater ein Betrieb mit sehr komplexen Abläufen“, eine Öffnung bedürfe einer Vorbereitung. Natürlich ist es nicht sinnvoll, das große Haus (rund 1.200 Plätze) für 100 Zuschauer zu öffnen. Gleiches gilt für die ähnlich große Volksoper bzw. die Staatsoper (rund 2.300 Plätze).

Wenn bereits in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs im niedergebombten Wien wieder Theater gespielt wurde (wie man zu erzählen nicht müde wird): Dann müsste auch jetzt irgendetwas möglich sein. Ohne Bühnenbild natürlich.

Ein Nestroy-Abend von Robert Meyer oder eine „Meisterklasse“ mit Andrea Eckert im Burg-Kasino. Ein Solo von Sona MacDonald als Marlene Dietrich in den Kammerspielen. Ein Konzert von Johannes Krisch in den Sträußelsälen. Eine Lesung von Klaus Maria Brandauer im Akademietheater ...

Burg-Schauspieler Markus Meyer sagte unlängst im "Standard", dass es möglich wäre, für übermorgen eine Vorstellung anzusetzen: „Ja, klar.“ Daher: „Send In The Clowns!“ Den Song interpretierte auch Michael Heltau: „Wo sind die Clowns? Wo bleiben die Clowns?“ Mit dem vertröstenden Schlusssatz „Vielleicht nächstes Jahr“ begnügen wir uns nicht.