Tash Sultana live: Virtuos, leidenschaftlich und beispiellos vielseitig
Gibt es ein Instrument, das Tash Sultana nicht beherrscht? Das fragten sich viele, als das Multitalent, das sich als nicht-binäre Person bezeichnet, Montagabend in der Wiener Arena auftrat.
Als wäre es ein Klacks wechselte Sultana gleich beim ersten Song von der Gitarre zu den Keyboards, dann zum Bass und von dort zu den Drums. Und das war längst noch nicht alles: Im Verlauf des Konzertes spielte sie auch Flöte, Mandoline, Saxofon und Trompete. Und an jedem dieser Instrumente klang die 27-Jährige mindestens exzellent, vielfach – wie zum Beispiel auf der Gitarre – auch virtuos.
Dieses Multitasking ist das Markenzeichen, mit dem Sultana berühmt wurde: Ihren Sound - eine Mischung aus Reggae und Elektronik, Funk, Soul, Rock und Jazz - spielt sie solo und ähnlich wie Ed Sheeran mit Hilfe einer Loop-Station. Dieses Gerät nimmt auf, was sie live spielt, und wiederholt die oft viele Takte langen Riffs oder Rhythmen, während sie ein neues Instrument darüber spielt. So baut sie nach und nach den Sound einer Band auf, um dann dazu zu singen.
Vom Sultanas Gesang gab es in der Arena trotzdem erst einmal weniger zu hören. Anfangs legte sie den Fokus mehr auf ihre instrumentalen Fähigkeiten. Songs wie „Big Smoke“ oder „Cigarettes“ waren wie ein Sprungbrett für Improvisationen mit den Instrumenten. Getrübt wurde das Vergnügen daran in dieser Phase der Show noch ein wenig von den laut wummernden Bässen, die zwischendurch die Feinheiten des vielschichten Arrangementaufbaus mit der Looping-Station zudröhnten.
Das Feeling und die Spannung aber, die Sultana mit ihrem leidenschaftlichen und schon fast exzessiven Einsatz auf die Bühne brachte, wenn sie im Rhythmus zappelte und den Kopf wie ein Metal-Headbanger schüttelte, war trotzdem bis in die hinteren Reihen in der ausverkauften Arena zu spüren.
Etwa nach der Hälfte kam Sultanas Band dazu und drehte das Flair der Show, das bis dahin wegen der Loop-Station ein wenig an einen Elektronik- oder DJ-Act erinnerte, in das eines Jazzkonzertes. Weitere Soli waren zu hören - diesmal dem Sound entsprechend mit Trompete und Saxofon. Und es gab zunehmend mehr von Sultanas einzigartigem Gesang und dem unverwechselbaren Timbre in ihrer Stimme zu hören.
Dass Sultana auch das Instrument in ihrem Kehlkopf in Perfektion beherrscht, zeigte sie dann deutlich bei der Zugabe, als sie bei „Notion“ a-cappella die höchsten Noten aus den Stimmbändern herauskitzelte und damit für die größten Gänsehautmomente an diesem Abend sorgte.
Am Ende war klar: Ein vielseitigeres Musik-Talent hat seit Sultanas Arena-Konzert 2019 nicht auf dieser Bühne gestanden. Und davor auch sehr, sehr lange nicht. Man müsste es in der heutigen Pop-Szene mit der Lupe suchen.