Viva ist tot: Die 90er sind vorbei
Der längste Nachhall der 90er findet diesen Monat ein Ende: Der deutsche Musiksender Viva stellt mit Jahresende seinen Sendebetrieb ein – den Monat bis dorthin feiert man noch den eigenen 25-jährigen Geburtstag. Statt einer Quarterlife-Crisis heißt es dann gleich: Zusperren.
Wie sehr sich der 1993 gegründete Sender überlebt hat, zeigt die überraschte Frage vieler Gesprächspartner, ob es das überhaupt noch gäbe – und überhaupt: Wo kann man Viva noch schauen? Im Influencer-Zeitalter wirkt die Blütezeit des deutschen Musikfernsehens seltsam entrückt.
MTV-Antwort
Viva startete als respektabel erfolgreiche und stilprägende Antwort auf den globalen Siegeszug von MTV. Wo die Amerikaner (die zunächst von London aus „Europe“ abdeckten) R’n’B für tanzbar hielten, hatte Viva von vorneherein erkannt, dass Techno und Eurodance der viel kontinentalere – und vor allem deutschere – Sound der 90er war.
Wummerte die Loveparade durch Berlin, gab es den ganzen Tag Liveübertragungen mit Seher-Faxen (E-Mails waren noch nicht verbreitet, Facebook noch nicht einmal eine Fantasie).
Die Loveparade 1997 auf Viva:
Neben viel quietschbunter Nachmittagsfläche, die den Teenagern das Heimkommen nach der Schule attraktiver machte, beackerte der Sender auch eifrig die deutsche Subkultur: Deutschrap in seinen Kinderschuhen etwa fand in Viva seine erste Heimat.
Der Sender war Sprungbrett für junge Moderatoren wie Stefan Raab, Charlotte Roche, Sarah Kuttner, Oliver Pocher oder Heike Makatsch; denen wurden zwar ein paar Anweisungen gegeben, im Grunde ließ man sie aber einfach machen. „Wenn eine Girlgroup kam, sollte man sie zum Beispiel keinesfalls live singen lassen“, erinnert sich Oliver Pocher heute. „Viva war damals das, was heute YouTube ist“, findet er. Unter 20 hätten es alle geschaut.
Die Rapsendung "Freestyle" auf Viva:
2004 übernahm der amerikanische Medienriese Viacom, Eigner von MTV, Viva. Er zieht jetzt den Stecker.