Patricia Aulitzky über ihre Pläne: „Brauche einfach mehr Zeit und mehrere Leben"
Von Christoph Silber
Das Salzburger Kapuzinerkloster hat sich der Welt geöffnet: Selbstfindungsseminare sollen weltliche Finanzen in die Klostermauern bringen. Für mediales Aufsehen sorgt eine Grabung im Klostergarten, mit der die letzte Ruhestätte einer sagenumwobenen Bajuwarenherzogin samt wertvoller Beigaben gefunden werden soll. Als Archäologin Sabina ein Skelett freilegt, liegt die Sensation sozusagen zum Greifen nah, was der Archäologin den Job sichern könnte. „Das Loch an der Stirn könnte eine Lanzen- oder Speerverletzung sein“, sagt sie in die TV-Kamera. Auch kleine „Grabbeigaben“ finden sich. Die ehrgeizige Wissenschaftlerin hofft, endlich am Ziel zu sein. Doch es kommt anders, ganz anders.
„Schattenspiel“ ist der erst im Frühjahr gedrehte, neunte Film der ORF/ZDF-Reihe „Die Toten von Salzburg“ in der Regie von Erhard Riedlsperger (Freitag, 20.15, ORF2). Für Patricia Aulitzky war die Ensemblehauptrolle der Archäologin das Aufwärmen für einen arbeitsintensiven Sommer, das zudem „ein wunderschönes Wiedersehen“ mit ihrer Geburtsstadt brachte. „Vom Ambiente her hatte das fast was von Urlaub“, schmunzelt sie.
Härte
In ihrer Rolle hatte sie hingegen wenig zu lachen. „Für Sabina ist ihre Arbeit ihr Leben und das wird dadurch bedroht, dass sie endlich einen Fund liefern muss, weil sonst keine Fördergelder mehr fließen. Diese Situation kann ich gut nachvollziehen, ich spiele ja selbst für mein Leben gern. Das sind dann harte Konsequenzen, etwas, was viele von uns auch in der Pandemie-Zeit erlebt haben, wenn man unverschuldet nicht nur kein Geld verdient, sondern wenn man vor allem seinen Beruf, denn man leidenschaftlich verfolgt, nicht ausüben kann. Dieses Gefühl, diese Angst, das treibt Sabina um.“
Sie wurde 1979 in Salzburg geboren und wuchs zum Teil in Tirol auf. Nach der Matura ging es hinaus in die Welt.
In London entwickelte sie ihre Leidenschaft für Schauspiel und die Musik. Den Durchbruch als Schauspielerin hatte sie mit der weiblichen Hauptrolle in „Falco“, das breite Publikum lernte sie als „Lena Lorenz“ und in „Blind ermittelt“ kennen. 2020 spielte sie erstmals Lisa Kuen im „Landkrimi“.
Weil mitunter der Zufall Regie führt, ging es für Aulitzky anschließend in Tirol weiter, wo sie teilweise aufgewachsen ist. „Der Tote in der Schlucht“ ist der zweite Fall der „Landkrimi“-Ausgabe mit der 43-Jährigen als Hauptmann Lisa Kuen. „Diese Figur hat großes Potenzial. Diesen Typ Mensch, den wir da zusammen gefunden haben, ist kein gängiger als Ermittlerin. Ein karger, schroffer Typ, sie kann aber auf ihre ruppige Art und Weise auch charmant sein. Sie ist halt, wie die Berge dort auch sind“, meint Aulitzky.
Diesmal liegt der Fokus stärker auf den Krimi-Plot als bei „Das Mädchen aus dem Bergsee“, als es für ihre Figur ans Eingemachte ging, weil der Fall ihre Familie betraf und sie erschütterte. „Das war ein exzeptioneller Auftakt. Es ist fast ein bisschen schade, dass es diesmal nur einige Hinweise darauf gibt, wie sie diesen ersten Fall verdaut hat“, sagt Aulitzky. Das sei eine Entscheidung der Redaktion und des Drehbuchs, weil die erste Folge inzwischen doch schon drei Jahre her ist und man ohne Vorkenntnisse einsteigen können soll.
Am Werk bei dieser Co-Produktion von ORF und ZDF war erneut der „Weiber-Haufen“ rund um Regisseurin Mirjam Unger sowie Drehbuchautorin und Kamerafrau Eva Testor. Ist es ein anderes Arbeiten mit einem Frauen-Team? „Die Herausforderung bei diesem Film bestand vor allem aus einem großen Zeitdruck. Alle Produktionen haben mit steigenden Kosten bei gleichen Budgets zu kämpfen. Da ist Zeit Geld, jeder muss top vorbereitet und extrem fokussiert sein. Das hat aber nichts mit dem Geschlecht zu tun.“
Aufholbedarf der Branche
Aulitzky betont allerdings: „In Österreich sind wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange, dass Frauen in dieser Branche gleichberechtigt sind, sowohl was die Bezahlung betrifft als auch bei der Verteilung der Dreh-Budgets.“ Letztlich gehe es aber um die Qualität der Arbeit und was davon bei den Zusehern ankommt. Die dürfen sich Besonderes erwarten. so wurde zum Beispiel fast nur mit dem Licht, das da war, gedreht. „Das soll einen Film im Doc-Style ergeben. Ich bin schon sehr gespannt.“
„Ein harter Stoff, sehr sensibel aufgelöst“ sagt Aulitzky über „Wir haben einen Deal“ in der Regie von Felicitas Korn, in dem sie an der Seite von Felix Klare und mit Peter Lohmeyer, der den „Tod“ im Salzburger „Jedermann“ prägte, zu sehen sein wird. Der vom ZDF finanzierte Film, der wohl zunächst in eine Festival-Auswertung geht, handelt von Kindesmissbrauch im Sport. Inhaltlich darf Aulitzky vorerst nicht mehr darüber erzählen. Die Dreharbeiten (im August) nennt sie „erfüllend. Es ist so schön, wenn man einfach sein kann, wenn jede Nuance gewollt und gesehen wird. Ich liebe dieses vielschichtige, feinstoffliche Arbeiten.“
Mutter-Gefühle
Filme, in denen es um Kinder geht, sensibilisieren sie als Mutter, die sie in der Realität ist. „Manchmal denke ich mir dann, ich bin paranoid.“ Erst jüngst war sie in „Kalt“ von Stephan Lacant – aktuell in der ARD-Mediathek zu finden – zu sehen. Darin spielt sie eine Mutter, deren Kind beim Kindergarten-Ausflug verloren geht und dann auch stirbt. „Früher habe ich mir keine großen Gedanken gemacht und hätte ich mich am Spielplatz oder beim Sport auf meinen Instinkt verlassen, heute schaue ich schon sehr genau hin.“
Verstärkt wird das durch die Recherche, die sie vor Drehbeginn für ihre Rollen macht. Bei „Kalt“ habe sie deshalb große Widerstände gehabt, in die Vorbereitung einzusteigen. „Aber das sind Herausforderungen, die ich meistern kann und will.“ Was nicht geht: „Ich kann nicht mit Gedankenbildern meines Kindes arbeiten, das geht einfach nicht. Das muss ich mit etwas anderem ersetzen.“ Was man ihr nicht verdenken kann, wenn in ihrem starken Auftritt Sätze fallen wie: „Es ist so ein schrecklicher Tod in diesem kalten, schwarzen Wasser. Ich falle da jede Nacht hinein.“
Heitere Seiten
Zu den heiteren Seiten ihres Schauspielerinnen-Daseins gehören Gastauftritte als Buhlschaft bei Philipp Hochmairs „Jedermann reloaded“. „Er ist ein großartiger Kollege und ein echtes Spiel-Kind und deshalb mache ich auch so wahnsinnig gern mit.“ Dabei ist Spontanität gefragt, „ es schon super, wenn ich weiß, wo ich auftrete und wo ich abgehe“, lacht sie, „man springt einfach ins kalte Wasser und schwimmt.“ Zuletzt im Wiener Stadtsaal - und dort bald wieder - zur Musik von Kurt Razelli. „Mit seinen härteren Electronic-Beats war das nochmals etwas Anderes als mit der Band im Burgtheater. Und dann geht man auf die Bühne und jamt mit Worten und Gesang. Diese Kombination interessiert mich total.“
Auch weil Aulitzky wieder begonnen hat, selbst zu schreiben und Musik zu machen. Nach einem mentalen Tal während der Corona-Auszeiten, in der einige Projekte verschoben wurden, kam mit der Arbeit auch wieder die „Music Power“ zurück, wie sie sagt. „Das geht zwar alles nicht so schnell, wie ich es gern hätte. Aber das erste Lied ist fertig, fertig produziert und gemixt.“ Nur beim Video, da will sie noch das Besondere herauskitzeln. „Und dann hab ich noch ein paar weitere Ideen zu Bachmann und anderes, also ich brauche einfach mehr Zeit und mehrere Leben.“