Kultur

Künstlerin Uli Aigner und ihr globales Netzwerk aus Porzellan

Wenn Touristen, viele davon aus Asien, ins Obere Belvedere strömen, machen sie gern ein Selfie im Carlone-Saal mit seinen prächtigen Barockfresken. Üppige Vasen sind dort nicht nur in den Wandgemälden prominent vertreten – seit Mitte April steht auch ein riesiges, bemaltes Porzellangefäß im Saal, ein Werk der in Berlin lebenden Österreicherin Uli Aigner.

Dass das Gefäß in Jingdezhen, der chinesischen „Welthauptstadt des Porzellans“, gefertigt wurde, ist manchen Besucherinnen und Besuchern, die ihre Handyfotos möglicherweise in den Fernen Osten zurückschicken, nicht sofort bewusst. Ebenso wenig wie der Umstand, dass das Publikum durch sein Betrachten und Fotografieren Teil eines umfassenderen, tatsächlich weltumspannenden Zirkulationsprojekts wird.

Unikate in aller Welt

Aigners Riesenvase ist nämlich das Objekt 2361 aus der Serie „One Million“, an der sie seit 2014 arbeitet: Die gelernte Keramikerin, die in den 1990er-Jahren mit konzeptuellen Kunstprojekten bekannt wurde, hatte sich in diesem Jahr vorgenommen, bis an ihr Lebensende eine Million Porzellangefäße zu schaffen. „Es ist eine lebenslange Performance“, sagt Aigner, die mit dem Projekt den Sinn für die eigene Existenz zu schärfen trachtet: Es geht um den Wert der eigenen Arbeit, die Beziehung des Einzelnen zum Rest der Welt und letztlich um die Endlichkeit allen Seins.

Alle Inhalte anzeigen

Das fragile Porzellan, das wegen seiner Geschichte als diplomatisches Geschenk und Sammelobjekt für Aigner ein „politisches Speichermedium“ und Symbol für die Globalisierung ist, dient als ideales Ausgangsmaterial. Auf ihrer eigenen Töpferscheibe dreht die Künstlerin Gefäße aller Art – das Belvedere-Objekt, das sie als Denkmal für zwei durch Suizid umgekommene geliebte Personen konzipierte, ist in Form und Dimension eher ein Ausreißer. Meist sind es Teeschalen, Teller oder kleine Vasen, die für verschiedene Zwecke entstehen: So stattete Aigner ein Wohnheim für Alkoholiker mit Gefäßen aus, beschenkte Freunde und Verwandte, fertigte aber auch Editionen für Museumsshops: Im Belvedere kosten Werke 140 €, ab 55 € sind Erzeugnisse auf der Website einemillionporzellan.com auch online zu bestellen. Dort wird jedes Objekt zudem registriert und mit seinem Standort auf einer Weltkarte vermerkt. Zerbrochenes wird archiviert und bleibt Teil des globalen Werks: „Ich versuche, eine Spur zu legen, die verbindet“, sagt Aigner