Wie eine der erfolgreichsten Operetten entstand
Von Georg Markus
Herr Kálmán, wir hätten eine großartige Idee für Sie, einen Stoff für eine Operette, der ein garantierter Erfolg wird.“ Die beiden Herren, die im Jahr 1918 bei dem berühmten Komponisten vorsprachen, waren die Textdichter Alfred Grünwald und Julius Brammer.
„Also, schießen Sie los“, sagte Emmerich Kálmán.
„Ein verarmter Graf“, so Grünwald, „sitzt als Gutsverwalter in einem ungarischen Schloss und hat Sehnsucht nach Wien. Da kommt...“
„Um Gottes willen“, unterbrach der Komponist mit ungarischem Akzent, „dos is kein Stoff für Operette, ist zu traurig, ich will Lustiges.“ Und er schickte die Herren fort.
Sein größter Erfolg
Kálmán ahnte nicht, dass sich damit der größte Erfolg seines Lebens um Jahre verzögern sollte. Doch zwei Jahre später klopften die Librettisten wieder an. „Ein junger Graf“, erklärten sie, „sitzt in einem ungarischen Schloss . . .“
„Ich hobe Ihnen schon gesogt, dos is kein Libretto. Finden Sie besseren Stoff.“
Grünwald und Brammer nahmen ihn beim Wort und ließen sich etwas anderes einfallen. Sie schrieben „Die Bajadere“, zu der Kálmán die Musik schuf. Der Erfolg hielt sich in Grenzen.
Nach der Premiere standen die Herren wieder vor seier Tür. „Junger Graf hat Sehnsucht nach Wien. Da. . .“
„Ja, Himmelkruzitürken“, explodierte Kálmán, „wie geht denn der Unsinn weiter?“
„Der Graf arbeitet als Verwalter auf einem Schloss, das einer Gräfin Mariza gehört. Er verliebt sich in sie...“
„Gut“, meinte Kálmán, noch lange nicht überzeugt. Doch als er Grünwald und Brammer Tage später im Kaffeehaus traf, summte er ihnen eine Melodie vor, die ihm eben eingefallen war.
„Das ist ein Schlager“, zeigte sich Grünwald begeistert. Und im selben Moment fiel ihm der dazu passende Refrain ein: „Komm mit nach Varasdin!“
Auf Grund dieser einen Zeile stand der Ort der Handlung fest: Einer der Beteiligten – es war der Buffo – musste in dem kroatisch-slawonischen Städtchen Varasdin zu Hause sein. Mit der Zeile und einer zündenden Melodie begann Kálmán endlich Gefallen an der Idee mit dem verarmten Grafen zu finden. Und er schrieb Schlager wie „Komm Zigan“, „Wenn es Abend wird“, „Höre ich Zigeunergeigen“...
Sechseinhalb Stunden
Die „Gräfin Mariza“ wurde zu einem der größten Erfolge der Operettengeschichte. Die Uraufführung am 28. Februar 1924 im Theater an der Wien dauerte sechseinhalb Stunden, von sieben bis halb zwei Uhr Früh, woran das Publikum „schuld“ war, da es nach jedem Lied derart vehement applaudierte, dass es zu ständigen Wiederholungen kam.
Eine weitere Sensation des Abends war die Entdeckung eines neuen Komikers namens Hans Moser in der Rolle des Kammerdieners Penizek.
Am 12. Juli feiert die „Gräfin Mariza“ Premiere bei den Seefestspielen in Mörbisch. Ein aufgelegter Elfmeter.georg.markus