Kultur

FPÖ attackiert ORF-Korrespondenten - Streit um Ungarn-Berichterstattung

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz verteidigt die Auslandskorrespondenten des öffentlich-rechtlichen Senders gegen FPÖ-Kritik. Auch unter ORF-Journalisten ist die Empörung über die neuerlichen blauen Attacken groß. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger hatte in den Salzburger Nachrichten eine „objektivere Berichterstattung“ gefordert und Einschnitte bei den Auslandsbüros angedroht.„Von den Auslandskorrespondenten werden wir ein Drittel streichen, wenn diese sich nicht korrekt verhalten“, meinte Steger. Als Beispiel nannte der frühere FPÖ-Parteiobmann und Vizekanzler, der die Freiheitlichen seit 2010 im obersten ORF-Aufsichtsgremium vertritt, die Berichterstattung zur Ungarn-Wahl.

Diese ist laut Steger nämlich „einseitig“ abgelaufen. Der blaue Partei-Stiftungsrat, der unter der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung als möglicher neuer Vorsitzender für den ORF-Stiftungsrat im Gespräch ist, dürfte damit zu Orban-kritisch meinen. Und Steger droht den ORF-Journalisten auch noch in Sachen Social Media: Wer gegen die neuen Social Media-Richtlinien verstößt, „wird zunächst verwarnt - und dann entlassen“.

Wrabetz: "Unverzichtbar"

ORF-Generaldirektor Wrabetz reagierte noch in der Nacht via Twitter auf die Aussagen. „16 Korrespondentenbüros des ORF sind unverzichtbare vom Publikum höchst geschätzte Säule der internationalen Berichterstattung in TV, Radio und Online. Bis 2020 kommen noch zwei weitere Standorte dazu“, erklärte Wrabetz. Der ORF-Chef stellte sich auch vor den von Steger direkt angegriffenen Ungarn-Korrespondenten: „Freue mich mitzuteilen, dass ich den Entsendungsvertrag von Ernst Gelegs als Korrespondent in Budapest nach der ausgezeichneten Berichterstattung zur ungarischen Wahl bis 2021 verlängert habe.“

 

Alle Inhalte anzeigen

Kritik kam - via Social Media - auch von ORF-Journalisten. „Ein ORF-Stiftungsrat, der gegen sein eigenes Unternehmen hetzt und einen untadeligen Kollegen erkennbar bedroht, wird uns als Redakteurssprecher der ORF-KorrespondentInnen selbstverständlich beschäftigen“, erklärte Brüssel-Büroleiter Peter Fritz. „Dieser direkte Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von einem Aufsichtsorgan ist ein neuerlicher Tiefpunkt der Medienpolitik“, kritisierte Redakteursratsvorsitzender Dieter Bornemann.

FPÖ über Vorwurf der Hetze empört

Die FPÖ hat sich am Samstagvormittag empört gezeigt über den Vorwurf Fritz', Norbert Steger "hetze" gegen ORF-Redakteure. Generalsekretär Harald Vilimsky forderte daher in einer Aussendung eine Entschuldigung von Brüssel-Korrespondenten Peter Fritz.

Vilimsky hält diesen Vorwurf für "inakzeptabel und infam", denn dass ein Stiftungsrat objektive Berichterstattung und korrektes Verhalten einfordere, sei "geradezu eine Verpflichtung". Auch sei es höchst an der Zeit, den Verhaltenskodex für ORF-Redakteure in Social Media "nachzujustieren". Außerdem sei eine Bewertung, wonach ein Korrespondent "anhaltend unausgewogen" berichtet habe, "im Rahmen des Meinungsspektrums" zulässig, betonte Generalsekretär Vilimsky. Er forderte daher von Fritz eine Entschuldigung für die "Attacken".

Der Brüssel-Büroleiter tat dies auch umgehend. "Ich hatte nicht vor, Herrn Dr. Steger einen strafbaren Vorwurf zu machen, und bitte um Entschuldigung, falls dies so verstanden wurde. Kollegen gegen Angriffe in Schutz zu nehmen, halte ich aber für wichtiger denn je", schrieb der ORF-Korrespondent. Vilimsky nahm die Entschuldigung - ebenfalls via Twitter - umgehend an.

Neos entsetzt über FPÖ-Angriffe

Die NEOS zeigten sich entsetzt über den "Angriff auf die Pressefreiheit" der FPÖ. "Bei unabhängigen Journalistinnen und Journalisten den Maßstab von 'korrekten' oder 'unkorrekten' Verhalten nach FPÖ-Gusto anlegen zu wollen, ist unfassbar", meinte Mediensprecherin Claudia Gamon. Sie pochte auf eine ORF-Reform, die Parteien aus dem Medienhaus verbannt und kritisierte Medienminister Gernot Blümel (ÖVP): "Die von ihm so groß angekündigte Medienenquete scheint bloße Inszenierung, wenn im Hintergrund die Regierungspartner längst mitten im ORF-Umbau stecken."