Kultur

Die EAV startet mit der Kraft der Bosheit zum letzten Angriff

„Wir wären ja so gerne auch altersmilde. Aber schau dich um auf der Welt . . . das geht einfach nicht.“

Deshalb sind EAV-Sänger Klaus Eberhartinger und Songwriter Thomas Spitzer auf dem eben erschienenen Abschiedsalbum „Alles ist erlaubt“ so bissig und politisch wie selten zu vor. Alles wird dabei aufs Korn genommen – von der Gier der Menschen über die Korruption und Lügen der Politiker bis hin zu den Lobby-Mechanismen der EU. Verpackt ist das in Songs, die ein breites musikalisches Spektrum abdecken und Stile wie Reggae und Mambo integrieren und doch typisch EAV bleiben.

Auch weil die Band, die „aus dem linken Eck gekrochen kam“, aber mit Parodie-Songs wie „Küss die Hand schöne Frau“ oder „Ba-Ba-Banküberfall“ berühmt wurde, mit dieser Platte Schluss macht, haut sie damit noch einmal auf den Putz. „Zurück zum Anfang war jetzt unsere Devise “, erzählt Spitzer im KURIER-Interview. „Wir wollten immer eine Band sein, die nicht belehrt, aber politisch wach ist und alles kritisiert, was kritisierenswert ist. Unterhaltung mit Haltung, war immer unser Prinzip. Und: Kraft durch Bosheit! Das war in der Öffentlichkeit aber lang ein bissl unterbelichtet. Irgendwann waren wir die überall gern gesehene Klamaukband.“

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Morddrohungen

Für Spitzer ist das das Schwierigste, wenn er heute auf 40 Karriere-Jahre zurück blickt. Dass die EAV Anzeigen wegen angeblicher Verleumdung von Kurt Waldheim und Jörg Haider bekam, hat ihm genauso wenig Angst gemacht, wie die Morddrohungen von Rechtsextremen nach dem Song „Eierkopf Rudi“.

Wie schwierig es war, das Bild der Klamaukband in der Öffentlichkeit zu korrigieren, erläutert Eberhartinger : „Wir waren bei einer TV-Live-Sendung von Günther Jauch in Deutschland. Wir sagten, wir spielen einen Hit, aber dazu das kirchenkritische Lied ,s’Muaterl’. Bei den Proben am Nachmittag hieß es dann aber, nein, das erlaubt der Stiftungsrat nicht, und ,s’Muaterl’ ist rausgeflogen. Und dann fragt mich der Jauch beim Interview: ,Ihr seid ja diese Blödel-Kombo. Ist euch das nicht manchmal zu dumm?’ Ich hab geglaubt, ich muss ihm eine picken!“

Den Titelsong „Alles ist erlaubt“ haben Spitzer und Eberhartinger bewusst an den Anfang des neuen Albums gestellt, weil er die Gewissenlosigkeit und Gier anprangert, die sich zur Zeit breit macht, was die Wurzel all der anderen Probleme ist, die in den restlichen Songs behandelt werden.

„Alle moralischen Schranken sind gefallen“, sagt Spitzer. „Als Politiker kannst du lügen, betrügen und denunzieren. Gewissenlosigkeit und Egoismus gab es früher auch schon. Aber sie waren besser reguliert. Es wurde medial bestraft und stigmatisiert, wenn sich einer zu grausam aufgeführt hat.“

Eberhartinger sieht den Grund dafür auch im Internet, mit dem es leicht geworden ist, Fake News zu verbreiten und durch die Algorithmen der Sozialen Medien an genau die Zielgruppe zu schicken, die sie gerne und schnell glaubt.

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Den Rücken stärken

Resignation, dass 40 Jahre Protestsongs die Welt nicht nachhaltig verändert haben, das beteuern die beiden, sei nicht der Grund, warum die EAV mit diesem Album und der anschließenden Tour (ab 12. März 2019 in Österreich) in den „unverdienten Unruhestand“ gehen wird. „Ich habe immer gesagt, wer glaubt, dass er Veränderung bewirken kann, ist ein Träumer“, sagt Eberhartinger. „Man kann aber den Leuten den Rücken stärken. Jemand, der eine nicht politisch opportune Meinung vertritt, kann anecken, angegriffen und angefeindet werden. Da kann man mit Vorbildwirkung schon erreichen, dass diese Leute gestärkt in den Kampf gegen den alltäglichen Faschismus gehen.“

Nach der Tour will Eberhartinger mehr Zeit mit den Leuten verbringen, „die zu kurz gekommen sind“. Und Spitzer, der als Grafiker begonnen hat, will sich seinen Karikaturen widmen, hat ab 9. 12. eine Ausstellung im Karikaturmuseum Krems.

Eine weitere Zusammenarbeit der beiden ist aber nicht ausgeschlossen – „wenn es für ein Theaterstück oder Kabarett erforderlich ist“. Aber auch weitere EAV-Einzelkonzerte sind möglich. Nämlich dann, „wenn es ein politisches Ereignis gibt, wo man sich mit ähnlich Denkenden solidarisch auf die Bühne stellen will!“