Das unromantische Auge: Der Künstler Michael Höpfner in Krems
Von Michael Huber
„Die Wahrheit ist, dass die Natur im Endeffekt nicht schön ist“, sagt Michael Höpfner. Dennoch, oder gerade deswegen, zieht es den Künstler immer wieder hinaus, zu ausgedehnten Wanderungen durch tibetische Hochebenen, zentralchinesische Hügelregionen oder albanische Täler.
Dabei entstehen Bilder. Einige davon sind nun im oberen Geschoß der Landesgalerie Niederösterreich in Krems zu einer Schau gruppiert. Sie ist auf eine stille Weise packend und gibt eine Ahnung von der einsamen, demütigen und dabei sehr kompromisslosen Praxis, der Höpfner seit mehr als 20 Jahren anhängt.
Unromantisch
Es ist bezeichnend für die Ungewöhnlichkeit von Höpfners Ansatz, dass es einfacher ist zu beschreiben, was seine Bilder alles nicht sind: Nicht spektakulär, nicht schön, nicht esoterisch, vor allem aber: Nicht romantisierend. Diese Qualität zu erreichen, ist gar nicht so einfach – gibt es doch eine Bildtradition in der Kunstgeschichte, in der eine bedrohliche Natur und die daraus folgende Kleinheit des Menschen mit gehörigem Pathos aufgeladen erscheint.
Der Gegenpol – der ordnende Gestus der Minimal- und Land-Art der 1960er und ’70er, bei dem etwa der Wander-Künstler Richard Long eine schnurgerade Linie in die Landschaft zog, findet sich bei Höpfner ebenso wenig.
Bei dem 1972 in Krems geborenen Zeichner und Fotografen, der von Kurator Günther Oberhollenzer im Kontext der Sammlungs-Schau „Sehnsuchtsräume“ in die Galerie geholt wurde, ist eher eine geschärfte Subjektivität, eine besondere Offenheit und Wachheit die ordnende Kraft. „Wo deine Füße stehen, ist der Mittelpunkt der Welt“, sangen einst Element of Crime; „Einen Standpunkt einnehmen und diesen vertreten“ will Höpfner, wie es in dem zur Schau erschienenen Künstlerbuch heißt.
Präzise, nicht prätentiös
Bildnerisch ergibt das höchst reduzierte, dabei sehr exakte Fotografien, die mal in großen Formaten, teils in kleinen Kontaktabzugs-Serien ausgearbeitet wurden. Manche zeigen einen Horizont, andere eine Draufsicht, was jeweils eine unterschiedliche Zeitdimension vermittelt. Das Fell eines Schneeleoparden ist Gegenstand mehrerer Fotos, sie balancieren zwischen belebter und unbelebter Natur.
Andernorts arbeitet Höpfner mit Bleistift, überzeichnet Teile von Fotos oder fertigt filigrane Bilder auf Leintüchern an: „Aufzeichnungen über einen Organismus“ heißen die Werke, die eben keine Landkarten sind, weil sie die Totalerfassung verweigern.
Höpfners Werk erscheint in seiner stillen Poesie auf positive Weise menschlich: Die Übermacht der Natur mag Ordnungs- und Allmachtsfantasien illusorisch werden lassen, doch das ist kein Grund, in bloßer Rührseligkeit zu verharren: Es gibt Möglichkeiten, zu gestalten und doch respektvoll Haltung zu bewahren.