Krimis in Venedig und auf Capri: Spannend sind Marienkäferlarven
Von Peter Pisa
Es ist heiß. Bei Brunetti pickt die Hose am Schenkel. Er trinkt viel Mineralwasser. Sein Hemd ist schweißnass. Donna Leon muss es immer wieder betonen: Schrecklich heiß ist’s in Venedig.
Es ist überhaupt kein Problem, wenn sich ihr Commissario über die Qualität von handgenähten Knopflöchern unterhält. Im Gegenteil, das ist angenehm in dieser schreienden Welt. Wichtig ist, dass der Fall, um den es – soll sein: nebenbei – geht, der muss Interesse wecken.
Donna Leon (Foto oben) hat es in vorangegangenen Büchern oft gemeistert. Der 29. Fall ist schwach. Zwar geht es um Betrügereien bei der Trinkwasserqualitätsüberprüfung. Also durchaus brisant. Aber „Geheime Quellen“ plätschert, anstatt mitzureißen; und wird noch durch die unnötige Zusatzgeschichte zweier Taschendiebinnen verwässert.
Eine Sterbende hatte Brunetti ins Hospiz holen lassen, um ihm zu sagen: Ihr Mann, vor einigen Monaten Opfer eines Verkehrsunfalls, sei absichtlich getötet worden.
Stimmt. Brunetti schwitzt sich der Wahrheit entgegen.
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... und weiter auf die Insel Capri, „Mitten im August“, selber Verlag, ein neuer Autor, vermutlich ein Deutscher: Er schreibt unter dem Pseudonym Luca Ventura: „Der Himmel war wie ein halbdurchsichtiger Stoff, hinter dem langsam der Tag zu schimmern begann.“
Sein Polizist heißt Enrico Rizzi. Man denkt anfangs, das ist ein lieber Kerl wie der französische Gendarm Bruno aus Martin Walkers Serie. Aber nein, Rizzi ist noch gar nichts.
Nebenrolle
Heiß ist es. Das Uniformhemd pickt an seiner Brust
Ohne Schweiß geht in dem Genre scheinbar gar nichts mehr. Rizzi hilft seinem Vater bei der Pfirsichernte. Und in einem Ruderboot treibt ein erstochener Straßenmusikant. Es stellt sich heraus, er war Sohn aus reichem Haus. Meeresbiologe wollte er werden. Die Meere retten wollte er. Seine Freundin versteckt sich.
Es ist mehr los als bei Donna Leon. Das schon. Capri spielt bestenfalls eine Nebenrolle. Venedig würde sich das nicht gefallen lassen. Immerhin sitzt man kurz in Neapel beim großen Dante-Denkmal und trinkt einen Martini.
Ein Gewinn ist der Tipp, wie man ohne Chemie Blattläuse beseitigt. Mit den Larven der Marienkäfer. Sie fressen und fressen und fressen. Wegfliegen können sie noch nicht.
Wo es die Larven gibt? Da kann der Kritiker etwas beitragen: Er holte sie von den Kirschbäumen in der Wiener Turmburggasse.
Luca Ventura:
„Mitten im August“
Diogenes Verlag.
336 Seiten.
16,50 Euro
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Donna Leon:
„Geheime Quellen“
Übersetzt von
Werner Schmitz.
Diogenes Verlag.
336 Seiten.
24,70 Euro
KURIER-Wertung: ***