Chaos de Luxe: Cochones wie Püree
Von Polly Adler
Halt dein dreckiges Maul!“ – „Wenn du mich noch einmal anfasst, mach ich eine Tortilla aus dir.“ – „Hast du mich gehört, ich meine es ernst!“ – „Brrrr, ich fürchte mich schon jetzt, merkst du, wie ich zittere?“ – „Gut, du hast es nicht anders gewollt!“ Das Geräusch von zerberstendem Porzellan ertönte. „Wage es nicht noch einmal!“ – „Deine Cochones sind wie
Püree ...“ So ging es dahin, in der spanischen Nachbarwohnung. Was für ein Glück, dass F der Landessprache mächtig war und man so das Beziehungsdrama von Gina und Juan quasi simultan übersetzt bekam. „Sollen wir eingreifen, vielleicht bringt er sie ja im Affekt um? Wir müssen was tun!“ – „Null Handlungsbedarf. Wart’s ab ...“ Und tatsächlich dürften die Nachbarn eine sich immer wiederholende Zoff-Choreografie entwickelt haben. Denn nach wenigen Minuten ertönte ein Kichern, ein tiefes Gurren und alsbald war das Geräusch von rhythmisch quietschenden Bettfedern zu hören, das in einem Finale furioso, inklusive der ekstatischen Anrufung höherer Mächte kulminierte. F schnappte den Besen und trommelte damit auf den Boden, um dem in postkoitaler Stille versunkenen Paar ihre Glückwünsche zu signalisieren. Das klassische Liz-Taylor-Richard-Burton-Syndrom: der Streit als erotisches Vorglühen. Das kannte man ja auch aus der eigenen Biografie. Nichts ist ja wirklich deprimierender, als ein Mann, der kein Talent zum Schlachtenbummeln hat und über ein stoisches Zorn-Management verfügt. Ich dachte an das Nougatauge und unsere 147 Diesmal-wirklich-für-immer-Trennungen. Er hatte inzwischen geheiratet. Und die Gattin soll so flamboyant sein wie ein langer Regentag. Wahrscheinlich blieb das Porzellan dort ganz. Ich vermisste ihn nicht, aber es fühlte sich dennoch gut an, dass der Nougat, damals noch voll im Saft, in meinem Leben Zwischenstation gemacht hatte. Und mehr kann und will man von Ex-Männern ja wirklich nicht verlangen.
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