Kiku

Frag bevor du (vor-)urteilst!

Eher ungewöhnlich im Theaterhaus Dschungel Wien der Beginn des jüngsten Stücks der Gruppe KörperVerstand: Das Publikum betritt bei „NoExcuse!“den Saal und es spielt sich schon in dieser Einlass-Phase auf der Bühne etwas ab. Die vier Tänzer/Performer des Abends - Kirin España, Rino Indiono, Moritz Lembert und Patrick Dunst (Live-Saxophon und Komposition) – bewegen sich schon tänzerisch zu Live-Musik. In unterschiedlichsten Klamotten – vom legeren Anzug bis zum roten Glitzerkleid. Somit erste Eindrücke – vielleicht auch schon Bilder über die in der folgenden Stunde dargestellten Typen?

Als alle sitzen: Stille, Bewegungslosigkeit. Ziemlich lange – zumindest gefühlt.
Zeit zum Innehalten, nachdenken?
Vielleicht tauchen sogar Fragen auf?!

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Publikums-Beschimpfung

Und dann legen die vier los – einerseits körperlich auf der Bühne mit Vor- und Beiseite-Drängen und andererseits mit heftigen – englischen (wie all der wenige Text im Stück) - Beschimpfungen in Richtung Publikum. Blumige Wortbilder für Blödheit und Hässlichkeit. „Wenn ich ein Adler wäre und auf deinem Intelligenzquotienten landen würde, würde ich sterben.“ - „Als ich in der Früh in den Spiegel gesehen habe, dachte ich, ich wäre hässlich – bis ich jetzt euch gesehen habe!“ ...

Irgendwie taucht sofort die Assoziation zu Facebook, Twitter & Co. auf. Beschimpfungen anderer Menschen, einfach so.

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Fraaaaaaaaaaaaaagen

Das provoziert aber jetzt wirklich Fragen im Kopf – waaarum machen die das?

Genau das war der Ausgangspunkt für Regisseurin Steffi Jöris. Fragen provozieren bzw. Menschen dazu zu bringen, Fragen zu stellen, bevor sie (vor-)urteilen. Und so schließen sich in der Folge Fragen der vier Performer an das Publikum an. Die nehmen ein bisschen Anleihe bei einem YouTube-Video über das Lebens-Rennen – „A race called Life“ ist auch der Untertitel des jetzigen Stücks. „Wessen Eltern haben beide einen akademischen Abschluss?“ ist eine davon - die vielleicht charakteristischste dafür, dass nicht alle die gleichen Startbedingungen haben.

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So hat sich sicher noch nie jemand einem Mikro genähert

Schon bei diesem Fragen-stellen und eigenen Geschichten-erzählen beginnt das Quartett mit tänzerischen Bewegungsmuster, die „NoExcuse!“ charakterisieren – pyramidale Skulpturen. Zu zwei, manchmal zu dritt, halten sie einen Kollegen, der fast akrobatisch verrenkt ins Mikrophon spricht. Neben getanzten Skulpturen, regelmäßigen Freeze-Momenten samt Blacks entspinnt sich bald auch eine mitunter wilde Gewandtausch-Performance.

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Gewandtausch auf offener Bühne

Raus aus dem Kleid, rein in den Anzug, die lockere, weite Hose und umgekehrt. Die vielleicht zu Beginn mit den Kleidungsstücken verbundenen Stereotypen werden so ebenso gemischt und über den Haufen geworfen wie durch die begleitenden vor allem Stakkato-artigen Kurzstatements, ein kleines Mädchen, ein Killer, ein Sünder, ein Heiliger usw. zu sein. Die erinnern frappant an den Song von Meredith Brooks „I'm a bitch/ i'm a lover“. Ist die Schlussfolgerung des Songs: „Nimm mich, wie ich bin!“, so endet diese Passage im Stück mit der Feststellung: ich bin alles, wenn du nicht fragst!“

Also: Frag, bevor du (vor-)urteilst! Genieß aber vor allem die mitreißende und doch nachdenklich machende Performance mit ihren lebenden Skulpturen, Brüchen, Wechsel und Freeze-Momenten.

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Infos: Was? Wer? Wann? Wo?

NoExcuse!
Tanztheater
rund eine Stunde, ab 13 J.
Körperverstand. Tanztheater Wien

Konzept: Steffi Jöris, Anna-Luise Braune
Regie, Choreografie: Steffi Jöris
Text: Anna-Luise Braune, Michael Pöllmann
Choreografische Mitarbeit, Tanz: Kirin España, Rino Indiono, Moritz Lembert

Choreografische Assistenz: Maartje Pasman
Dramaturgie: Cornelia Voglmayr
Komposition, Livemusik: Patrick Dunst
Produktion: Steffi Jöris

Wann & wo?
Bis 31. Jänner 2019
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: (01) 522 07 20-20
www.dschungelwien.at

https://koerperverstand.com/

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Video über das Rennen des Lebens

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