„Wenn du in die Augen des Mannes guckst, siehst du eine Sonne – oder ist es eine Qualle? Von Weitem sieht der Mann aus wie ein Monster. Ich denke, er ist in die Tiefsee getaucht und hat Angst vor einer Qualle.
Aus der Nähe sieht er schon etwas menschlicher aus. Der Mann hat schwarze Haare, und das Bild hat einen gelben Hintergrund. Das Gesicht des Mannes ist weiß, gelb und orange.
Ich finde, er sieht erschrocken aus. Worüber, glaubst du, ist er so erschrocken? Oder ist er einfach erstaunt? Man kann sich dazu ganz viele Geschichten einfallen lassen. Ich finde das Bild großartig!“
Diesen Text kannst du hören – oder/und auch lesen -, wenn du dir im MuMoK (Museum Moderner Kunst) im Wiener MuseumsQuartier das Bild, ein Selbstportrait, mit dem Titel „Gefahr“ ist von Feri Zotter anschaust.
Geschrieben hat diese Erklärung die Volksschülerin Frida. Im Audio-Guide des Museums hörst du diesen – und weitere Texte – gesprochen von der 13-jährigen Filmschauspielerin Zita Gaier. Vielleicht hast du sie schon im Kino im Film „Maikäfer flieg“ gesehen? In dem spielt sie die ganz junge Christine Nöstlinger. Die bekannte Kinderbuchautorin hat mit diesem Roman ihre Erlebnisse in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges beschrieben. Vor drei Jahren kam die Verfilmung dieses Romans – noch zu Lebzeiten der bekannten Autorin – ins Kino.
Frida und Kolleginnen und Kollegen aus den damals dritten Klassen der Volksschule Stiftgasse waren im vorigen Schuljahr vom MuMoK eingeladen worden, sich einige Bilder und Objekte einer damals noch bevorstehenden Ausstellung auszusuchen. „Alfred Schmeller. Das Museum als Unruheherd“
Museums-Öffnung
Herr Schmeller war vor 50 Jahren Direktor des Vorläufers des heutigen MuMoK. Er sammelte Bilder und Objekte, aber vor allem wollte er Kunst nicht nur ausstellen, sondern an möglichst viele Menschen vermitteln, auch an Gruppen, die vielleicht nicht so von vornherein ins Museum gekommen wären. „Das Museum sollte ein „Unruheherd“ sein, in dem viele Themen zur Sprache kommen. Das Haus öffnete er in vielfacher Hinsicht: Er lud die Wiener Festwochen ein, im heutigen mumok das Avantgardefestival Arena zu veranstalten und war bestrebt, die Jugend mit Malaktionen und anderen Veranstaltungen ins Haus zu holen“, heißt es dazu auf der Homepage des MuMok.
Genau deswegen wurden für diese Ausstellung Kinder eingeladen, aus ihrer Sicht Texte für einzelne Objekte zu verfassen. „Spannend, nicht zu schwierig und nicht vollgequatscht“ – so sollten Erklärungen zu Bildern oder Skulpturen in Museen sein. Das meinten Kinder zweier, nunmehr 4. Klassen, der Volksschule Stiftgasse (Wien) fast alle. So manche von ihnen sagten dies ins Mikrophon einer Redakteurin der Sendung „Rudi! Der rasende Radiohund“ (Montag bis Freitag, Ö1, 1.55 bis 16 Uhr, aber auch als Podcast-App).
Und genau ihre eigenen Anforderungen erfüllen sie mit den Texten, die nun auf dem Audio-Guide zu hören sind – über ein Tablet, das Besucher_innen bei der Kassa ausborgen können oder über die MuMoK-App auf dem eigenen Smartphone.
Zurück zum Anfang, zum Selbstportrait des erschrockenen – oder erstaunten – Mannes. Frida hat sich, wie sie dem Kinder-KURIER erzählt, dieses Bild ausgesucht, „weil man sich da selber viele Geschichten ausdenken kann, wenn man es anschaut“.
Auch das war etwas, was vielen der Kinder, die für den Audio-Guide geschrieben haben, wichtig war: Mit dem eigenen kurzen Text den Besucher_innen Anregungen geben, selber zu dem Bild oder Objekt zu fantasieren.
... Dieses Bild ist ein Doppelporträt, nämlich von A. S. und M. J. Die beiden sind sehr merkwürdig angezogen. Sind sie vielleicht gerade aus der Dusche gekommen? ...
... Wir haben uns dann ein bisschen mit den Materialien beschäftigt, aus denen es gebaut ist.“
„Gebaut hat ihn Hans Hollein – er lebte von 1934–2014 in Wien – im Jahr 1972. Er wurde aus Stahl, Gummi und Keramik gemacht. ...
... Aber, was ihr auch darüber denkt, es kann alles Mögliche sein. Wir fragen uns, wie man das Ding antreibt und bremst! Vielleicht lässt man sich wie mit einem Schlitten die Wiese hinunterrollen.“ ...
„Es sieht so aus, als würden die beiden Figuren in Badetüchern tanzen, wie auf einer Pyjamaparty! ... Die Haare der Figuren sehen aus wie Spaghetti. Leider habe ich keine Idee, warum dieser Vorhang zwischen den Figuren hängt. ...
... „Wir haben es cool gefunden, dass jemand ein ganzes Bild nur in streifen malt, auch die Gesichter“, begründen sie dem KiKu gegenüber ihre Bild-Auswahl. „Man schaut einfach die ganze Zeit auf das Bild!“
... Im Audio-Guide ist aus ihrem Text u.a. zu hören: „Geh einmal um die Skulptur herum. Ein bisschen Bewegung kann nicht schaden! Siehst du jetzt ein Loch im Würfel? ...
Wir stehen vor einem „Irgendetwas“ aus Holz-Bausteinen. Vielleicht erinnert sie dich an ein echtes Gebäude in Wien. Sarah und Anna haben sich dieses Kunstwerk ausgesucht. Es stammt von Fritz Wotruba und es ist das Modell einer Klosterkirche. ...
... „Es besteht aus vielen Holzstücken, die aussehen wie Bauklötze. Mich erinnert es an eine Ruine, aber es kommen einem viele verschiedene Ideen. Mir gefällt an dem Kunstwerk, dass es aus vielen Teilen besteht. Man entdeckt mehrere Figuren, das finde ich toll! ...
... Man kann durch die Bauklötze hindurchsehen, und es sieht von jeder Seite anders aus. Auf einer Seite gibt es eine Öffnung, die aussieht wie eine Tür, und manche Öffnungen ähneln einem Fenster. ...
... Ein paar Holzstücke sind so aufeinandergestellt, dass sie aussehen wie Türme. Siehst du das auch? Ich finde, es wäre sehr verlockend, hineinzugreifen und etwas umzustellen, aber das Kunstwerk darf nicht verändert werden.“ ...
... Die Kirche gibt es wirklich – in Wien-Mauer, allerdings aus Betonklötzen, die viel kälter wirken als das hölzerne Modell.
Bespielbares Riesen-Kunstwerk
Während mehrere Kinder bei den Objekten, die sie beschreiben haben, bedauerten, dass man sie nicht angreifen darf, gibt es eines in der Ausstellung – ohne Audio-Text von Kindern – das man nicht nur angreifen darf oder sogar soll. Auf dieses kannst du mit einer Leiter raufsteigen. 1970 war das eine Sensation: „Riesenbillard“ von Haus-Rucker-Co. Die Arbeit wird nun im mumok nachgebaut – „Benutzung ausdrücklich erwünscht!“, heißt es im Museum.
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