Ein handgezeichneter digitaler Trickfilm über Energiequellen
Von Heinz Wagner
Buchstabe für Buchstabe flattert ins Bild. Jeder ist anders gemustert. Nach 12 Sekunden ist der Schriftzug „So geht das Licht an!“ fertig. Und so startet das Video der 3a der Neuen Mittelschule Brüßlgasse in Wien-Ottakring. Damit haben die Jugendlichen diese Kategorie des Wien-Energie-Schulwettbewerbs „Power Up!“ gewonnen.
Flatterhafte Buchstaben
Um zu erfahren, wie sie gearbeitet haben, hat der Kinder-KURIER die Klasse an der Ecke Koppstraße besucht. Sinem und Milica demonstrieren für den Reporter und seine Kamera den Prozess der
„fliegenden Buchstaben“ nochmals. Aus einer Klarsichthülle holen die beiden die Buchstaben noch einmal heraus. Auf dem Tisch haben sie den Hintergrund des Videos, grünes Buntpapier, bereits zuvor aufgebreitet. Auch das Gestell einer Schreibtischlampe mit Halterung für ein Tablet ist schon montiert. Und dann: Das S wird von Milica Stück für Stück mehr ins Bild der Tablet-Kamera gerückt, Sinem drückt den Auslöseknopf. Wieder und wieder und ... Dann lässt sie den einen und anderen Buchstaben von der anderen Seit ins Bild „flattern“ und ...
12 Bilder für jede Sekunde
„Für jede Sekunde im Video brauchst du mindestens 12 Bilder“, wirft Halil ein, um so ungefähr den Umfang der gar nicht so mühelosen Stop-Motion-Animation zu nennen. Die oben genannten 12 Sekunden ist nur die Zeit, die die Titelanimation im Film dauert. Allein das Vorzeigen einiger Buchstaben und andere Animationen aus diesem Video ergibt eine Ahnung, wie viele Stunden Arbeit dahinterstecken. Und das obwohl das Programm auf den Tablets - wir befinden uns in einer I-Pad-Klasse - am Ende alle aufgenommenen Fotos automatisch zu einer Animations-Sequenz zusammenfügt.
Kraftwerkstypen
Halil selbst hat wie auch Tamara, Rabia und Jovan jeweils allein gearbeitet. Die meisten in der Klasse hatten für das Video über unterschiedlichste Kraftwerke jeweils zu zweit gearbeitet. Dafür fertigten sie große Zeichnungen mit Blei- und Buntstiften an - samt einzelnen, fein säuberlich ausgeschnittenen, Teilen, die sich animieren lassen. „Bei 30 Sekunden sind das doch ... ganz viele, viele Bilder“, so Halil, bevor die Rechnerei losgeht. Er lässt vor seinem Kraftwerk Autos fahren und vor allem dunkle Rauchwolken aus dem Kraftwerksschloten rauchen.
Animmationen
Für den Kinder-KURIER animieren auch Furkan und Yasin noch einmal ein Stück ihrer Windräder - Solar-, Wasser- und Biomasse-Kraftwerke kommen im Film ebenfalls vor, lag doch der Schwerpunkt des Bewerbs auf der Beschäftigung mit erneuerbaren Energien. Die beiden Jungs drehen millimeterweise das Rotorblatt-Trio. Dreh. Foto. Dreh. Foto...
Wie ihre Kolleg_innen in allen anderen Kraftwerken symbolisieren sie die Energie kleine - unterschiedlich gefärbte - Kugerln, die sie durch die Leitungen „fließen“ lassen. Dazu ließ sich die betreuende Physiklehrerin Svjetlana Mesarić, die neben Tatjana Vujeva in dieser Integrationsklasse arbeitet, aber einen schlauen und doch so simplen Trick einfallen: Mit einem Locher stanzt sie die Energie-Kreise ganz einfach aus. Diese wiederum zu animieren ist aber dann doch ein ziemliches Geduldspiel.
Im Vorjahr Mix aus Animation- und Spielfilm
Das Know-How für die Gestaltung von Animationen hatte sich die Klasse im Vorjahr in einem Projekt mit Künstlerinnen, die über Kulturkontakt vermittelt worden waren, angeeignet. Da hatten sie einen Mix aus Animations- und Spielfilm über den viel zu wenig bekannten genialen serbischen Erfinder Nikola Tesla gedreht, in dem Rabia im Physiksaal der Schule in die Rolle des Erfinders des Wechselstrommotors und vieler anderer Patente (mehr als 250) vor allem auf dem Gebiet der Elektrotechnik geschlüpft war - mit weißem Mantel und Schnurrbart.
Musik komponiert
Der Jury hatte am Film auch die Musik gefallen. Sie wurde von Christian Fuchs beigesteuert. Er unterrichtet als Gastlehrer für mehrere Monate Musik, weil er neben pädagogischer Ausbildung (Kindergarten) nebenbei jahrzehntelang in Bands gespielt hatte. Er ist einer der letzten aus der von dieser Regierung abgeschafften Aktion 20.000, in deren Rahmen ältere Arbeitslose wieder ins Erwerbsleben einsteigen können sollten.
Gegen Ende des Films blinken nicht nur ein 3er und ein A für die Klassenbezeichnung rot auf, sondern auch fünf Herzen. Dafür war Jovan zuständig, er hat mehrere kleine micro:bit über eines der I-Pad programmiert, dass sie genau in dem Muster leuchten das er wollte.
Hier unten Reportagen über weitere Top-Projekte beim Wien-Energie-Schulwettbewerb "Power Up!"