Leben

Flotte Biene

Imker Josef K. aus dem Waldviertel hatte Pech. Als er zu Fuß auf dem Heimweg war, streifte ihn ein Lkw mit seinem Außenspiegel. Josef K. erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und wurde wochenlang auf der Intensivstation des Krankenhauses behandelt. Josef K. hatte auch Glück und alle wunderten sich: Im Gegensatz zu den anderen Patienten, die lange auf der Intensivstation liegen müssen, kam bei dem Bienenzüchter nicht auch noch eine Lungenentzündung dazu.

Der Wiener Gerichtsmediziner Christian Reiter, der selbst Imker ist, hat die Erklärung dafür. Das Schlüsselwort heißt Apitoxin, Bienengift. Ein Imker wird im Laufe seines Lebens viele Male von Bienen gestochen. Das verursacht nicht nur Schmerzen, sondern löst eine Entzündung aus – mit Rötung, Schwellung und Hitze. Und setzt gleichzeitig im Körper das Hormon Cortisol frei. Dieses Cortisol ist ein Multitalent: Es wirkt entzündungshemmend, ist ein wichtiges Stresshormon und stärkt die Immunkräfte.

Wundermittel Bienengift? Die Aufzeichnungen des Gerichtsmediziners, der jährlich Hunderte Tote obduziert, legen den Schluss nahe. „Imker sterben kaum an entzündlichen Erkrankungen.“ Reiter hat auch das Sterbealter von Bienenzüchtern analysiert. „Sie werden im Durchschnitt um fünf Jahre älter als andere Männer.“ Lebensverlängerer Biene also.

Einer, der Bienengift praktisch anwendet, ist der Wiener Allgemeinmediziner und Kinderchirurg Edmund Blab. Er extrahiert Bienengift und injiziert es seinen Patienten in die Haut. „Bei Rheumapatienten, die meist einen langen Leidensweg hinter sich haben, beträgt die Erfolgsquote nahezu 100 Prozent. Manche spüren schon nach der ersten, niedrig dosierten Probeinjektion, die wegen der Allergiegefahr nötig ist, eine positive Wirkung.“ Mittlerweile wende er Apitoxin auch bei Multiple-Sklerose-Patienten an, um ihre chronische Müdigkeit zu bekämpfen, sagt Blab. „Da hilft Bienengift immerhin 80 Prozent meiner Patienten.“

Hollywoodstars wie Gwyneth Paltrow oder Michelle Pfeiffer schwören auf Bienengift als Botox-Ersatz. Auch diese Anwendung kennt Edmund Blab. „Ja, es verstärkt die Durchblutung der Haut und regt die Collagenbildung an.“ Es wie Botox in Falten zu spritzen, davon rät der Arzt allerdings ab. „Ich habe das einmal bei einer Patientin gemacht, die darauf bestanden hat. Die Wirkung war so stark, dass sie ein paar Tage nicht aus dem Haus ging, weil ihr Gesicht so geschwollen war.“ Günstiger sei es, das ganz gering dosierte Bienengift in einer Salbe aufzutragen.

Als offizielles Arzneimittel ist Bienengift nicht zugelassen. Das Risiko für die Behandlung trägt also der Arzt, die Kosten der Patient.

Bienengift. Es ist ein natürliches Pharmazeutikum und besteht aus Peptiden, Enzymen und Amino- säuren. Es regt die körpereigene Cortisonbildung an und wird in der Apitherapie gegen Entzündungen (Rheuma, Arthritis, Multipler Sklerose, Gürtelrose) angewandt.

Propolis. Mit diesem klebrigen, harzigen Stoff schützen Pflanzen, etwa Kastanien oder Pappeln, ihre Blütenknospen vor Feuchtigkeit und Schimmel. Bienen schaben Propolis mit ihrem Kiefer ab. Beim Menschen hilft es etwa gegen Streptokokken im Mund, die Karies auslösen.

Gelée Royale. Die Ammen erzeugen es als Futter für die Bienenkönigin. Es dient als Nahrungsergänzungsmittel.

Pollen. Bienen sammeln die männlichen Samenzellen von Blütenpflanzen mit ihren Hinterbeinen und kleben sie zu größeren Klumpen zusammen. Sie enthalten nahezu alle Wirkstoffe, die Mensch und Biene zum Leben brauchen.

Bienenwachs. Bienen scheiden die Wachsplättchen in ihren Wachsdrüsen aus. Es ist antibakteriell. Warme Bienenwachsplatten werden bei Erkältungen, Ischias und Gelenksentzündungen angewandt.

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