Klimafaktor Fleisch: So viele Tiere werden bei uns geschlachtet
Von Anita Kattinger
Sie sind jung, sie wollen die Welt retten und sie wollen sich anders ernähren als ihre Eltern und Großeltern. Laut einer aktuellen Umfrage lehnen deutsche Jugendliche nicht nur prekäre Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie ab, sondern auch Massentierhaltung und ein schnelles Hochzüchten bis zur Schlachtreife.
Die Mehrheit fordert eine Klimakennzeichnung von Lebensmitteln, strengere Tierschutzgesetze und ein Tierschutzlabel. Und die Umfrage zeigt auch, dass sich 13 Prozent der 15- bis 29-Jährigen vegetarisch oder sogar vegan ernähren. Vor zehn Jahren waren es gerade einmal vier Prozent.
In Auftrag gegeben wurde die Studie von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung für deren Fleischatlas 2021, der in Österreich von der Umweltschutzorganisation Global 2000 und der Tierschutzorganisation Vier Pfoten herausgegeben wird. Im europäischen Vergleich liegt Österreich beim Fleischkonsum im Spitzenfeld.
2019 lag der Verzehr pro Kopf bei 62,6 Kilogramm – am liebsten essen wir Schweinefleisch. Seit fünf Jahren ist ein leichter Rückgang beim Fleischkonsum zu verzeichnen, aber kein eindeutiger Trend. Österreich ist keine Ausnahme, in anderen westlichen Ländern stagniert der Konsum oder wächst sogar weiter.
Diese ungestillte Lust auf Fleisch hat große Auswirkungen auf das Klima: Laut dem Fleischatlas gehen mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Emissionen in Österreich auf das Konto der Nutztierhaltung. Nicht mitgerechnet sind die Abholzung des Regenwaldes und der Import von Fleisch.
Ein Beispiel: Zehntausende lebende Kälber verlassen jedes Jahr Österreich, um gemästet zu werden, um dann wieder nach Österreich importiert zu werden. In Summe erzeugen wir so rund 12,5 Millionen Tonnen und damit mehr als der Personenverkehr auf unseren Straßen (12 Millionen Tonnen ).
Politik ist gefordert
Interessant ist, dass sich die Jugendlichen wünschen, der Staat möge stärker eingreifen. Eva Rosenberg von Vier Pfoten: "Das System Fleischindustrie stützt sich vor allem auf Massenproduktion und Preisdruck. Wir brauchen ein Verbot von Sonderangeboten bei tierischen Produkten und eine gesetzliche Kennzeichnung nach Herkunft und Haltung, um Verbrauchern bewusste Kaufentscheidungen zu ermöglichen."
Die Wünsche der Befragten sind aus Sicht der Wirtschaft keinesfalls abwegig, wie Anka Lorencz, Geschäftsführerin des Koordinationsbüro Fleischwirtschaft in der Wirtschaftskammer erklärt: "Die Kennzeichnung von Lebensmitteln ist ein EU-weites Thema. Hier laufen – im Rahmen des neuen "Green Deal" – auch gerade Diskussionen über eine allfällige Auslobung verbesserter Haltungsformen an. Eine steigende Anzahl unserer Mitglieder ist in Initiativen zur Verbesserung der Tierhaltung involviert, sei es nun über das AMA-Gütesiegel oder private Initiativen.
Natürlich ist der Preis für dieses Fleisch, diese Fleischwaren deutlich höher "und es wäre schön, wenn sich immer mehr Menschen bereitfinden würden, das – im Sinne des Tierwohls – auch zu zahlen".
Die Stiftung warnt vor Untätigkeit: Ohne Kurswechsel wächst die Fleischproduktion bis zum Jahr 2029 um 40 Millionen Tonnen auf mehr als 360 Millionen Tonnen Fleisch pro Jahr an.
Tipp: Hier können Sie den Fleischatlas 2021 nachlesen