Leben/Essen & Trinken

Bäh?! wie Bärlauch - ein Streitgespräch zwischen KURIER-Kolumnisten

Gelegentlich muss man auch über wirklich Wichtiges reden, zum Beispiel über den Bärlauch (Rezepte siehe unten). Zu dem hat fast jeder eine Meinung, in den vergangenen Jahren fiel innerhalb unserer Redaktion eine besonders auf: Kolumnistengenie und Kabarettist Guido Tartarotti gab lange den ungewählten Präsidenten der Bärlauchhasser, heute nimmt er das lockerer, sagt er. Ganz anders Kolumnendoyenne Gabriele Kuhn, die grundsätzlich jeden Bezug zur Natur schätzt. Ein Streitgespräch.

KURIER: Welches Bärlauchgericht mögt ihr so richtig gerne? Oder sagen wir: Welches könnt ihr gerade noch ertragen?

Guido Tartarotti: Es gibt für mich absolut kein erträgliches Bärlauchgericht, weil mit Bärlauch sofort alles gleich schmeckt. Egal ob das Spaghetti mit Bärlauch sind oder Autoreifen mit Bärlauch.

Gabriele Kuhn: Ich gebe zu, dass der Geschmack schnell zu geballt ist, wenn man zu viel Bärlauch nimmt. Dann kriegt man auch Magenweh davon. Der Bärlauch muss nebenbei sein, als Geschmacksbeilage, zum Beispiel mit Fladenbrot, dann ist es ein interessanter und guter Geschmack.

Tartarotti: Der aber leider jedes Gericht erschlägt.

Tut das nicht zum Beispiel Knoblauch auch?

Tartarotti: Nein, den kann man sehr gut kombinieren, Knoblauch geht mit anderen Gerichten eine Ehe ein.

Kuhn: Oh, das hast du schön gesagt. Wie immer macht die Dosis das Gift. Bärlauch ist eine Erweiterung, eine Ergänzung. Wenn man einen Kilo Pfeffer in ein Gericht hineinhaut, kann man es auch nicht essen.

Tartarotti: Weil es dann zu scharf ist. Aber Pfeffer kann man großartig kombinieren. Der ist sogar mein Lieblingsgewürz, ich koche sehr gerne und deswegen habe ich auch über Bärlauch nachgedacht: Aber ich kann mich nicht erinnern, dass in den 1970ern jemand Bärlauch gegessen hätte. Ich habe als Kind einmal im Wald meine Großmutter gefragt, ob man das essen kann. Sie hat mit der Weisheit einer Großmutter und Kräuterhexe gesagt: Nein, kann man nicht.

Aber wenn ihn die Natur doch reichhaltig anbietet?

Tartarotti: Die Natur bietet ja auch giftige Pilze an. Den Bärlauch hat sie nicht erfunden, damit man ihn isst. Das sagte auch mein Großonkel, der Förster war: Es gebe kein Tier, das Bärlauch frisst. Weil er einfach grauslich ist.

Kuhn: Angeblich fressen ihn Bären und deshalb haben ihn Menschen früher auch gegessen, damit sich die Kraft des Bären auf sie überträgt.

Tartarotti: Die Bären fressen ihn nach dem Winterschlaf nur, weil sie Verstopfung haben.

1.900 Meter Seehöhe ist die Grenze für den Bärlauch, der in seiner Verbreitung anpassungsfähig ist. Er kommt in Auwäldern ebenso vor wie in den Bergen – und überall dazwischen vor.

Wir kommen vom Thema ab: Können all die vielen Menschen irren, die im Wald die Bärlauchmeere abpflücken gehen, um ihn zu verkochen, Guido?

Tartarotti: Nein, wem er schmeckt, der soll ihn essen, nur mich bitte nicht zu dem Essen einladen. Ich verstehe auch, wie schön es ist, sein Essen selbst zu erlegen, ich bin ein totaler Naturfan und mag es, wenn man in den Wald geht und sich etwas holt. Der Erfolg des Bärlauchs ist eine Kombination aus dem Zurück-zur-Natur-Trend als Ausdruck des modernen Menschen, der die Natur vermisst, und einer Massenhysterie.

Kuhn: Ich selbst hab’ ja noch nie ein Blatt Bärlauch im Wald gesammelt, weil ich immer Angst habe, dass da ein Tier draufgepinkelt hat oder ich was Giftiges erwische.

Tartarotti: Ich bin während der Bärlauchzeit auch viel im Wald, weil ich gerne jogge oder mountainbike. Und ich mag das Bild sehr gerne, wenn aus dem Bärlauchmeer lauter Pöpsche von pflückenden Menschen rausragen.

Kuhn: Am schönsten ist der Bärlauch übrigens, wenn man ihn nicht mehr essen kann, weil er blüht. Dann ist alles weiß. Da endet auch die Zeit, wo alle Speisekarten nur mehr voller Bärlauch sind. Das mag ich genauso wenig wie beim Spargel. Man müsste feinfühliger damit umgehen.

Tartarotti: Die Bärlauchblüte ist wirklich schön. Da bin ich bei Gaby.

53 verschiedene Regionalnamen gibt es für den Bärlauch (mindestens) – von Wald-, Rinsen- und Hundsknoblauch über Hexenzwiebel bis zu Rämsche, Rämsen und Rampen

 

13 unterschiedliche Vitamine findet man in Bärlauch. Der Löwenanteil entfällt auf das gute, alte Vitamin C, von dem in 100 Gramm Bärlauch 150.000 Mikrogramm stecken. Das ist die eineinhalbfache empfohlene Tagesdosis.

Rezepte

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  • Vorbereitung: 20 min (und 1 Stunde Rasten)
  • Zubereitung: 25 min Portionen: 4

Für den Teig
350 g Weizenmehl glatt
1 Ei
zirka 140 ml Wasser
Salz

Für die Fülle
150–200 g Bärlauch
150 g Erdäpfel gekocht
300 g Topfen
2 EL Sauerrahm oder Crème fraîche
100 g Schalotten- oder Zwiebelwürfel
50 g Butter oder Öl
Salz, frisch gemahlener Pfeffer, Muskatnuss
Semmel- oder Weißbrotbrösel zum Festigen
120 g zerlassene Butter zum Beträufeln
120 g gehobelter Bergkäse zum Bestreuen

- Für den Teig alle Zutaten zu einem glatten Teig verkneten. In Frischhaltefolie wickeln und zirka eine Stunde rasten lassen
- Währenddessen die Bärlauchblätter fein schneiden. Die gekochten Erdäpfel durch die Erdäpfelpresse drücken
- Schalotten- oder Zwiebelwürfel in einer Pfanne mit Butter oder Öl anschwitzen, Bärlauch dazugeben, kurz mit einem Deckel abdecken und einige Minuten weich dünsten. Vom Herd nehmen und auskühlen lassen
- Mit den zerdrückten Erdäpfeln vermengen, Topfen sowie Sauerrahm zugeben und pikant würzen. Bei Bedarf mit Bröseln zu einer formbaren Masse verarbeiten
- Aus der Masse kleine Kugerln formen und diese am besten anfrieren (lassen sich so besser verarbeiten)
- Den Teig mit einer Nudelmaschine oder auf einer gut bemehlten Arbeitsfläche dünn ausrollen, Kreise von etwa zehn Zentimeter ausschneiden und die Bärlauchkugerln damit umhüllen, Fülle dabei zerdrücken
-In kochendes Salzwasser einlegen und zwölf bis fünfzehn Minuten knapp unter dem Siedepunkt ziehen lassen
- Tascherln herausheben, anrichten und mit zerlassener Butter beträufeln und mit Bergkäse bestreuen
- Als Beilage eignet sich am besten Blattsalat

Rezept leicht abgeändert aus „Heute lieber kein Fleisch – Österreichs beste vegetarische Rezepte“ von Ingrid Pernkopf und Renate Wagner-Wittula, Pichler Verlag, 320 Seiten, 28 €

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  • Vorbereitung: 5 min
  • Zubereitung: 10 min
  • Portionen: 4 Gläser à 300 ml

500 g Bärlauch-Blütenknospen noch geschlossen!
150 g Kristallzucker
150 g Wasser
20 g Salz
350 ml Estragonessig

- Die Knospen verlesen und in ein Rex- oder Schraubglas geben
- Zucker und Wasser mit Salz aufkochen, Essig zufügen, noch heiß über die Kapern geben. Schließen- Mindestens eine Woche durchziehen lassen.
- Im Kühlschrank ein halbes Jahr haltbar
- Passt zu Beef Tatar, Schaffrischkäse, Spargel-Tipp: Auch aus anderen Blütenknospen lassen sich „Kapern“ einlegen

Aus „Salzkammergut – Das Kochbuch“ von Lukas Nagl und Katharina Seiser, Brandstätter Verlag,
248 Seiten/150 Abbildungen, 35 €