cm/ubm

Dem Wohnsinn auf der Ölspur

Manchmal möchte man doch einfach raus. Raus aus dem ständigen Tun. Hinein in ein entspanntes Treibenlassen. Als Eremit im Wald. Oder lieber als Kapitän auf einem Segelschiff? Vielleicht aber sogar als griechischer Olivenbauer, der bloß darauf achtet, das beste Olivenöl der Welt zu pressen.

Eher zu diesem Schlag zählt jenes Kunstsammler-Paar, das die Architekten von LASSA engagiert hat. Die Kreativen sollten in einem griechischen Olivenhain ein außergewöhnliches Einfamilienhaus planen. Eines, das mit dem Olivenhain und seinen uralten Bäumen kommuniziert. Eines, das gleichzeitig aber auch die Region spiegelt.

Klosterkunde im Olivenhain

Somit war klar: Die Sache sollte zwar nachhaltig gedacht, aber den hohen Ansprüchen der kunstsinnigen Auftraggeber entsprechen. Gelegen auf einem sanft abfallenden Hang auf dem südlichen Peloponnes verständigten sich die Architekten bald auf eine Gangart: „Wir wollten Elemente aus alten Galeriebauten mit einer Klostertypologie kombinieren", sagt Theo Sarantoglou Lalis von LASSA. Hintergrund diese Überlegung: Griechische Kloster wurden seit jeher eher flach gebaut und mit Innenhöfen versehen. Galerie-Elemente wiederum ermöglichen eine gestalterische Freiheit. Sie müssen nicht rein geometrisch gedacht sein, lassen runde Formen zu.

Alle Inhalte anzeigen

Diese beiden Gedanken führten schlussendlich zu einem X-förmigen Grundriss, der über keinerlei Ecken und Kanten verfügt. „Das Projekt besteht aus einer einzigen durchgehenden, wellenförmigen Wand. Sie wird von einer Reihe geschützter Innenhöfe an den Enden der einzelnen Flügel eingerahmt“, so die zweite LASSA-Chefhälfte Dora Sweijd. Außerdem fallen sämtliche Mauern nach außen hin ab. Und zwar von der Mitte des Objekts aus betrachtet um ganze 1,2 Meter. So entsteht der Eindruck, das gänzlich in Weiß gehaltene Objekt würde sich an den Erdboden pressen. Als wolle es angestrengt darauf bedacht sein, keinesfalls die Ruhe der Olivenbäume zu stören.

Auf Augenhöhe mit den Oliven

Aus der gleichen Überlegung heraus haben die Architekten zudem penibel darauf geachtet, das Haus selbst nicht höher zu bauen, als die Bäume des Olivenhains sind. Es sollte sich nicht über die Wipfel erheben, sondern mit ihnen in Gleichklang stehen. Auf Augenhöhe sein. Um dennoch einen weiten Blick auf das Meer am Fuße des Hügels zu ermöglichen, etablierten die Planer eine spektakuläre Dachterrasse. Sie zieht sich über die gesamte Länge eines X-Arms und wird in ihrer Form vom darunter befindlichen Außenpool imitiert.

Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen
Alle Inhalte anzeigen

Aber kommen wir zurück zum Bau selbst. Die Oberfläche der Außenwände ist stellenweise mit kleinen senkrechen Erhebungen versehen. „Diese Betonrippel beleben die Fassade“, sagen die Architekten. „Da die Schatten der Bäume sich im Laufe des Tages verändern, sind die Schattenbilder immer ein Spiegel der Tageszeit.“

Zitronen im Olivenhain

Im Inneren von „KHI House & Art Space“, wie das Objekt offiziell heißt, wird jeder Raum durch einen Innenhof erweitert. An allen vier Enden des besagten X ragt die Zimmerwand nach außen und wirft eine kleine Falte. In jeder dieser kleinen Buchten gedeiht wiederum eine neue Pflanze. Wie, um dem Olivenhain neuen Input zu liefern – je ein Zitronenbaum.

Ein gerahmter Himmel

„Das Fehlen von Ecken und die so geschaffene Kontinuität der Wand sorgen für eine räumliche Erweiterung“, so LASSA Architects in ihrer Beschreibung. Die gebogenen Wände seien zudem von unten betrachtet als Rahmen für den darüber befindlichen Himmel zu verstehen. „Dessen wechselnde Farbe und das Licht werden so regelrecht präsentiert. Hiermit erzeugen wir eine starke Präsenz des Himmels im Innenraum.“

Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen

Doch es sind nicht nur die optischen Überlegungen von LASSA Architects spannend. Vielmehr ließen sich Theo Sarantoglou Lalis und Dora Sweijd auch hinsichtlich der Bauweise so einiges einfallen. Die Architekten arbeiteten etwa mit einem lokalen Unternehmen zusammen, das sich auf Polystyrol Produkte spezialisiert hat.

Kunststoff als Basis-Produkt

Das sind schlichtweg Kunststoffteile, die man sehr unterschiedlich einsetzen kann. Besagte Firma jedenfalls ist darauf spezialisiert, Infrastruktur für die Fischereiindustrie zu produzieren. „Diese Strategie ermöglichte die Produktion wichtiger konstruktiver Elemente. Die überdimensionale Betonschalungen etwa, die zum Gießen der wellenförmigen Wand angefertig werden musste“, erläutern die Planer.

Vorwiegend redionale Produkte

Aber auch die individuellen Beleuchtungselemente in der Decke sowie maßgeschneiderten Möbelteile wurden auf diese Weise direkt vor Ort gegossen. Intelligenter Zusatz-Aspekt: Nachdem man den Kunststoff Polystyrol eben so vielseitig verwenden kann, wurden die für die Gussarbeiten hergestellten Schalungen nach Gebrauch nicht einfach entsorgt. Stattdessen schnitt man die Teile in kleinere Platten und verwendete diese als Isoliermaterial.

Dieses Vorgehen minimierte den Einsatz von industriell gefertigten Bauteilen immens. Außerdem wurden lokale Lieferanten genau so bevorzugt, wie Materialien aus der Region: Beton, Terrazzo und andere Produkte aus der lokalen Marmorindustrie kamen verstärkt zum Einsatz.

Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen

Inzwischen ist das Haus bezogen. Allein, man ist noch auf der Suche nach einem lokalen Bauern, der Lust hat, aus den Früchten des Olivenhains feines Olivenöl zu produzieren. Denn dies sei einfach zu viel Arbeit, lassen die Bewohner durchklingen. Es würde sich wohl nicht rentieren.

(K)ein Businessmodell

Wir haben das kurz nachgerechnet: Von einem Baum im Alter zwischen 20 und 100 Jahren darf man sich eine Olivenmenge von maximal 90 Kilogramm Oliven erwarten. Das wiederum ergibt mit einem Schuss Optimismus zwölf Liter Olivenöl. Und wenn man nun ein teurer Olivenölbauer ist, dann kann man einen Liter schon um saftige 15 Euro verkaufen. Macht bei 100 Bäumen 18.000 € Umsatz. Sprich: Damit kann man halt wirklich keine coole Hütte im Olivenhain hinstellen! Schade, eigentlich.

Text: Johannes Stühlinger Bilder: LASSA | naaro

Lesen Sie weiter im UBM Magazin, der Plattform für Immobilienwirtschaft, Stadtplanung und Design.
Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen