Warnung vor falschen Polizisten: Schaden von über 10 Millionen Euro
Von Konstantin Auer
Über 200 vollendete Taten, fast 600 Versuche, 21 Festnahmen, 38 Hausdurchsuchungen, sechs Verurteilungen, ein Schaden von über zehn Millionen Euro und eine hohe Dunkelziffer: Das ist die vorläufige Bilanz rund um die Ermittlungen zu einer Betrüger-Bande, die als falsche Polizisten oder falsche Kriminalbeamte vor allem Senioren ausnehmen.
Eines der Opfer ist die 85-jährige Christa Chorherr. Im September wurde sie von den Betrügern telefonisch kontaktiert, die sich als Kriminalbeamte ausgaben. Diese erzählten, sie hätten in der Nähe ihrer Wohnung in der Inneren Stadt zwei Einbrecher festgenommen, drei wären aber noch auf der Flucht – und sehr gefährlich. Bei den Festgenommenen hätte man einen Zettel gefunden, auf dem sich die Adresse von Frau Chorherr befinden würde.
Aus diesem Grund sollte sie Schmuck und etwaige Goldmünzen in ihrer Wohnung zählen. Am Festnetz wurde sie in Gespräche verwickelt. "Ich war wie in Trance und tat, was von mir verlangt wurde", sagt sie heute. So hat sie dann sogar ihre Handynummer hergegeben. Schließlich übergab sie Geld und Schmuck an einen der Betrüger.
"Ich schäme mich"
"Ich schäme mich", sagt Christa Chorherr heute. Sie will aber weitere, potenzielle Opfer warnen: Telefonnummern sind heutzutage leicht herausauszufinden, die Umgebung der Häuser der Opfer kennen die Betrüger über Google-Maps - das alles muss nicht heißen, dass es sich um echte Polizisten handelt, warnt die Pensionistin.
Kriminalpsychologe Werner Schlojer erklärt in einem Aufklärungsvideo der Polizei mit welchen Tricks die Betrüger Arbeiten: Ab der ersten Sekunde üben die Betrüger Druck auf die Opfer aus. Sie müssen der angeblichen Polizei helfen - so bekommen die Opfer ein Verantwortungsbewusstsein und glauben, etwas tun zu müssen.
Die Opfer werden permanent ins Gespräch verwickelt und zusätzlich unter Zeitdruck gesetzt. Dazu kommt, dass die Betrüger Autorität ausüben. "Auf Autoritäten verlässt man sich, man schreibt ihnen Kompetenz zu", erklärt Schlojer. Vor allem ältere Generationen sind eher autoritätshörig.
Tricks verändern sich
Der Haupttäter hat lange in Österreich und Deutschland gelebt und Germanistik studiert, sagt Michael Mimra vom Wiener Landeskriminalamt. Derzeit ist er in der Türkei aufhältig. Es gebe einen europäischen Haftbefehl - weil der Mann auch türkischer Staatsbürger sei, werde dieser von der Türkei aber nicht vollzogen.
Wie der KURIER berichtete, wurde aber bereits das engste Umfeld des Täters ausgeforscht und in Österreich verhaftet - das habe der Bande sehr geschadet. "Seither sind die Fälle zurückgegangen", sagt Mimra. Er warnt aber dennoch vor Nachahmungstätern oder neuen Tricks: So würde es vermehrt auch Anrufe mit der Bitte um Kautionen für vermeintlich verunfallte Verwandte geben.
Zunehmend werde auch die Corona-Krise von Kriminellen genutzt: So rufen etwa auch falsche Ärzte an, Verwandte seien an Corona erkrankt und bräuchten deswegen finanzielle Unterstützung. Auch gefälschte Masken seinen im Umlauf. In Deutschland wurden schon falsche Impfungen verkauft - solche Fälle sind in Österreich laut Mimra noch nicht bekannt, man sei aber darauf vorbereitet.
Warnung an ältere Verwandte
August Baumühlner, der im Landeskriminalamt für Prävention zuständig ist, rät, bei solchen Anrufen immer nach Dienstnummern und Dienststellen von vermeintlichen Polizisten zu fragen. Danach soll man selbst versuchen, diese zu erreichen. Er appelliert, ältere Verwandte zu warnen und wünscht sich auch von Bankangestellten, dass sie mit älteren Personen, die viel Geld beheben, ins Gespräch treten.
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