Seilbahn-Projektleiter möchte mit Nudisten sprechen
Das Seilbahnprojekt zum Kahlenberg interessiert, polarisiert und sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. Vor rund einem Monat wurde das Projekt erneut von Genial Tourismus- & Projektentwicklung GmbH vorgestellt: Geplant ist der Bau einer Seilbahn, die in 20 Minuten von Heiligenstadt über die Station Donauinsel Nord (Jedlesee), Strebersdorf zum Kahlenberg hinauffährt.
Hannes Dejaco, der Eigentümer der Firma ist und auch den Waldseilpark am Kahlenberg betreibt, sagt: "Wir sind offen für Gespräche mit allen und wollen, dass es klappt."
Das betreffe sowohl die Stadt, die sich laut Dejaco noch weigere Termine zu vereinbaren, sowie auch etwa die Nudisten-Gruppe, die von dem Bau der Strecke auf der nördlichen Donauinsel betroffen sei, und um ihre Privatsphäre fürchte.
Für den Bereich der FKK-Besucher im nördlichen Teil der Donauinsel, wo die Seilbahn in einer Mindesthöhe von 14 Meter darüberfliegen würde, wäre es außerdem möglich die Scheiben automatisch zu "Milchglas-Fenster" umzustellen.
"Man kann dann nur noch in die Ferne schauen, aber nicht mehr runter", sagt Dejaco weiter. Er erinnert auch an eine Seilbahn in Köln, die über einen Nacktbereich einer Therme fliegt. "Da gibt es auch keine Probleme", sagt er weiter. Es gebe dort ein harmonisches Miteinander.
Der Unterschied im Vergleich zu Köln: die Seilbahn war vor dem Nacktbereich da.
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Stimmungsbild aus Wien "vorwiegend positiv"
Am Freitag wurde vor Medienvertretern eine Studie der Seilbahn präsentiert, die zeigen soll, wie das Stimmungsbild der Stadt auf den Bau der Seilbahn am Kahlenberg aussehe. Dafür wurden 900 Wahlberechtigte der Bevölkerung aus Wien online befragt. Eine größere Personenanzahl wurde vor allem aus den von dem Bau betroffenen Bezirken befragt: Döbling und Floridsdorf.
Die Befragung wurde von der Meinsungsforschungsagentur "Triple Matzka Markt- und Meinungsforschung" in den ersten beiden Aprilwochen durchgeführt. Das Ergebnis: Die Stadt sei mehrheitlich positiv dem Projekt gegenüber eingestellt. Bereits ein Viertel der Befragten hatte von dem Projekt schon vorab gehört.
Im Zuge der Studie wurde herausgefunden, dass sich etwa Bewohner des 19. Bezirks besser über das Projekt informiert hatten. Im 21. Bezirk liegt das Wissen über die Seilbahn nur leicht über dem Schnitt. Insgesamt gab jede/r Dritte an, über Stationen und Geografisches der Seilbahn im Bild zu sein.
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Zustimmung in der Bevökerung
Laut Umfrage: Über zwei Drittel (67%) halten demach die Seilbahn Kahlenberg für eine "sehr" oder "eher gute" Idee, während weniger als ein Viertel der Befragten dem Vorhaben eher skeptisch gegenüberstehen.
Dabei hielten 56 Prozent der Befragten die Seilbahn Kahlenberg spontan für eine „sehr“ bis „eher gute“ Idee und nach der Bereitstellung von Detailinformation stieg dieser Anteil auf insgesamt 67 Prozent.
- Ein beliebtes Argument für die Seilbahn: die verbesserte und schnellere Anbindung durch die Seilbahn.
- Ein beliebtes Argument gegen die Seilbahn: hohe Baukosten und die Sorge um hohe Ticketpreise.
Ablehnung in der Stadtregierung
In der Magistratsdirektion der Stadt zeigt man sich dem Projekt gegenüber skeptisch, aus dem Büro von Bürgermeister Michael Ludwig verwies man immer wieder auf das Regierungsprogramm. Dort steht: „Seilbahnen im Natur- oder Landschaftsschutzgebiet (z. B. Kahlenberg) schließen wir aus.“
Innerhalb der Bezirksvertretung in Floridsdorf wurde zuletzt eine parteienübergreifende Resolution von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen, Initiative Wiener Bürger (IWB), Team HC Strache und Bierpartei gegen das Projekt verabschiedet. In Jedlesee und Schwarzlackenau hat sich seit Kurzem eine weitere Bürgerinitiative gegen das Projekt formiert.
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Auch im Bezirk Döbling spricht sich die Mehrheit (55 Prozent) für die Seilbahn aus. Von den Floridsdorfer Befragten sind es sogar 69 Prozent, die das Projekt befürworten.
Sieben von zehn Befragten stimmen der Aussage zu, dass die geplante Seilbahn eine gute Möglichkeit darstellt, die Naherholungsgebiete Donauinsel und Kahlenberg künftig besser und klimafreundlich zu erreichen. Auch die damit einhergehende Reduktion des motorisierten Verkehrs ist für den Großteil der Befragten ein wesentliches Argument für die Seilbahn. Gleichzeitig ist für 73 Prozent der Schutz des Lebensraums der Tiere in den Naherholungsgebieten sehr wichtig.
Man hofft auf Zustimmung der Stadt
Für Dejaco stehe im Vordergrund eine gute Gesprächsbasis mit allen Betroffenen zu haben. Daher lade er zu weiteren Gesprächsterminen auch ein. Herzlich eingeladen seien hier auch die Nudisten, heißt es. Dejaco hoffe, dass auch die Stadt bald bereit sein wird, die Gespräche zu starten. Denn ein naturschutzrechtliches Verfahren könne man nur mit der Zustimmung der Stadt einreichen.
Die Stadtseilbahn im Detail
Die Idee, in Gondeln hoch über Wien zu schweben, ist nicht neu und flammt immer wieder auf. Wien hatte gar schon mal eine Art Gondel. Ab dem 1964 konnte man für nicht ganz 20 Jahre mit einem Sessellift über das Gebiet des Donauparks schweben.
1964 wurde die Gartenschau ausgetragen. Besucher sollten sich so einen Weitblick über die Millionen Blumen und Stauden holen können. In den 1980ern wurde der Lift stillgelegt.
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Der aktuelle Entwurf der Stadtseilbahn wurde auch schon im Jahr 2013 erstmals von Dejaco präsentiert. Er wurde abgelehnt. Nach einer Prüfung durch gleich 14 unabhängige Gutachter erhielt das Projekt schließlich eine Konzession für Bau und Betrieb.
Privates Investment
70 Millionen Euro soll der Kahlenberg-Flug am Seil kosten, finanzieren sollen es private Investoren. Errichtet würde die Seilbahn von der Firma Leitner. Sie hat bereits Erfahrung im Bau von Stadt-Seilbahnen und hat jene in Mexiko oder Berlin errichtet.
20 Minuten soll eine Fahrt insgesamt dauern, in eine Kabine passen zehn Personen. 115 Kabinen werden mit 21 Kilometern pro Stunde auf einer maximalen Höhe von 55 Metern über Wasser und Wälder fliegen.
Gebaut werden könnte ab ab 2025, nach zehn Monaten sei man durch. Mit dem Projektentwurf biete man der Stadt eine Verlängerung der U4 nach Floridsdorf durch die Einbindung der Seilbahn bei der U4-Station Heiligenstadt, eine Verkehrsentlastung der Nordbrücke und der Muthgasse durch das Park-&-Ride-Haus bei Strebersdorf.
Was der Spaß kosten soll, wenn die Seilbahn mal errichtet ist, kann man noch nicht sagen. Es sind jedenfalls günstige Jahrestickets angedacht.