Chronik/Wien

Ludwigs Veto für City-Fahrverbot: Eine Bürde für Rot-Grün III

Kurz sah es fast so aus, als hätten der rote Bürgermeister und seine grüne Vize den Streit um die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt beigelegt. Oder, präziser formuliert: auf die Zeit nach dem Wahltag verschoben.

Dafür hätte durchaus einiges gesprochen. Aus Sicht der Wienerinnen und Wiener – weil qualitätsvolle Lösungen noch nie inmitten eines Wahlkampfs erarbeitet wurden. Und aus Sicht beider Parteien – weil das Gerangel die Stimmung in der Koalition zuletzt doch spürbar trübte.

Jetzt hat der Machtpolitiker Michael Ludwig die Waffenruhe gebrochen. Denkbar knapp vor der Wahl – der Wähler vergisst schnell, das wissen die roten Strategen – versetzt er Birgit Hebein bei ihrem Kernthema, dem Verkehr, einen schweren Schlag.

Wie sehr Hebein Ludwigs Veto traf, zeigt sich an ihrer irritierenden Reaktion: Sie warf Ludwig „Mutlosigkeit“ vor, weil dieser dem stadteigenen Verfassungsdienst in dessen Argumentation folgte. Das sagt viel über das Verhältnis der Grünen zu den (rot angehauchten) Rechtsexperten ihres eigenen Magistrats. (Dass Hebein in Kauf genommen hätte, eine verfassungswidrige Verordnung zu erlassen, um ihre Politik durchzusetzen, steht überhaupt auf einem anderen Blatt.)

Warum aber sucht Ludwig die Konfrontation mit den Grünen? Vielleicht, weil seine Politik der ruhigen Hand in den vergangenen Tagen fast schon verschlafen wirkte. Vielleicht, weil die SPÖ in Zeiten steigender Corona-Fälle in den Wiener Spitälern auf der Suche nach eigenen, positiven Schlagzeilen war, die Tatkraft signalisieren.

Die Mehrheit der Wiener weiß der Bürgermeister hinter sich.

Für die rot-grünen Koalitionsgespräche, die nach dem 11. Oktober rasch beginnen, ist das Veto aber eine Bürde. Ludwig hat Hebein öffentlich düpiert und zugleich seine Position einzementiert: Ein Fahrverbot in der City wird es unter ihm nicht geben, zumindest keine umfangreiches.

Das müssen die Grünen schlucken, wenn sie koalieren wollen. Ludwig ist in einer bequemen Situation. Er kann nach der Wahl auch die türkise – oder gar die pinke – Karte ziehen.