Experten sollen die Geschichte der Rothschild-Stiftung untersuchen
Von Martin Gebhart
Die Debatte um die Rothschild-Stiftung verlief am Donnerstag beim Sonderlandtag im Wiener Rathaus wie erwartet. Neos, ÖVP und DAÖ kritisierten die Stadtregierung wegen des Umgangs mit diesem Erbe der Familie Rothschild. SPÖ und Grüne verteidigten die Tatsache, dass diese Stiftung, die die Nervenheilanstalt am Rosenhügel betreibt, nur noch von der Magistratsabteilung MA 40 verwaltet wird.
Ein Ergebnis gab es aber dann doch: Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen, Neos und DAÖ wurde beschlossen, dass eine unabhängige Expertenkommission die Geschichte der „Nathaniel Freiherr von Rothschild’schen Stiftung für Nervenkranke“ untersuchen und aufarbeiten wird.
Gründung
Im Jahr 1907 verfügte Nathaniel Freiherr von Rothschild, dass nach seinem Tod Wertpapiere in der Höhe von 20 Millionen Kronen für eine Stiftung für nervenkranke mittellose Wiener verwendet werden sollen. Damit wurden die Nervenheilanstalten am Rosenhügel und im Maria Theresien-Schlössel errichtet
Wiedererrichtung
1938 wurde die Stiftung von Nationalsozialisten aufgelöst. 1956 wurde sie wiederhergestellt und wird seither vom Magistrat verwaltet
Anlass für die Sitzung war das gerichtliche Vorgehen des Rothschild-Nachkommen Geoffrey R. Hoguet gegen die Stadt Wien. Dieser will, dass die Stiftung in den ursprünglichen Zustand rückgeführt wird. Verwaltet durch ein unabhängiges Kuratorium, wie es im Stifterbrief verankert ist. Derzeit ist die Stiftung fest in der Hand des Magistrats, nachdem sie nach dem Zweiten Weltkrieg von der Stadt übernommen worden war.
Einberufen hatten den Sonderlandtag die Neos. Klubobmann Christoph Wiederkehr warf der SPÖ vor, dass sie 1956 „gegen den Stiftungswillen, nämlich ohne unabhängiges Kuratorium, sondern einverleibt in die Stadtverwaltung“ diese Einrichtung übernommen habe. Ähnlich argumentierten ÖVP und DAÖ. Wobei die ÖVP den Antrag auf Einsetzung einer Kommission einbrachte. Klubobfrau Elisabeth Olischar: „Es ist dringend notwendig, dass wir uns intensiv mit der Geschichte der Stiftung auseinandersetzen.“
Einvernehmen gesucht
SPÖ und Grüne verwiesen darauf, dass die Stiftung wohl jetzt ohne die Stadt nicht mehr im Stand wäre, eine Nervenheilanstalt zu führen. Landtagsabgeordneter Kurt Stürzenbacher (SPÖ) erklärte, dass sich die Stadt bestes Einvernehmen mit der Familie Rothschild wünsche, „ohne dabei die Gerichte zu beschäftigen“.
Überraschend war, dass die FPÖ vehement SPÖ-Stadtrat Hacker gegen den Vorwurf verteidigte, in der Debatte „antisemitische Codes“ zu verwenden. Das war ihm von einem ÖVP-Funktionär vorgeworfen worden.