Corona-Demos in Wien teilweise verboten
Von Konstantin Auer
Ein Jahr Corona-Pandemie in Österreich heißt auch (fast) ein Jahr Demonstrationen gegen die Maßnahmen. Rund 85.000 Menschen haben sich seither an diesen sogenannten Corona-Demos in ganz Österreich beteiligt.
Und auch an diesem Wochenende wollen wieder Gegner der Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. In Wien sind von 36 angemeldeten Demonstrationen zu verschiedenen Themen am Samstag zwölf untersagt worden, teilte die Polizei Freitagmittag mit. Darunter ist eine Großdemo am Ring, die für 10.000 Teilnehmer angemeldet war. Reinhard Schnakl, stellvertretender Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, warnt davor, dass sich bei den Demos Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker tummeln.
Aufrufe zum maskenfreien Einkaufen am heutigen Freitagabend hat die Polizei im Blick, auch wenn die Aktion mittlerweile wieder abgesagt wurde. Man sei mit Supermarktketten und Handel in Kontakt, die ihrerseits auch mit privaten Securities vorgesorgt hätten. Die Polizei ortet im Aufruf zum Brechen der Corona-Vorgaben auch einen Tatbestand, der gegebenenfalls zur Anzeige gebracht werde, sagte Schnakl.
Größte Demo mit 10.000 Teilnehmern
Die größte Demonstration war mit 10.000 Teilnehmern für den morgigen Samstag ab 13.00 Uhr in Wien zum Thema "Für die Freiheit" angekündigt, und zwar für den Bereich Burgring/Maria-Theresien-Platz. Diese Kundgebung wurde wie elf andere für Samstag in Wien angemeldete Demonstrationen aus Gründen des Gesundheitsschutzes behördlich untersagt, wie die Polizei der APA sagte. Im Internet wird für Samstag 13.00 Uhr zu einer "Riesendemo" in Wien aufgerufen, deren konkreter Ort erst zwei Stunden vorher bekannt gegeben werden soll - ob es sich um dieselbe Demo handelt, ist unklar.
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hat angekündigt, auf einer der Protestveranstaltungen am Wochenende reden zu wollen - wann und wo genau, war Freitagmittag ebenfalls noch unklar. Von linker Seite wurde als Gegendemo für Samstag zu einer Kundgebung um 12.00 Uhr im Votivpark sowie einer anschließenden Fahrraddemo aufgerufen.
Polizei ist gewappnet
Die Polizei ist jedenfalls gewappnet: Rund 1.500 Polizistinnen und Polizisten werden im Einsatz sein, wobei noch kurzfristig aufgestockt werden kann. Auch Hubschrauber werden wieder über der Stadt kreisen, gewisse Orte wie das Parlament werden besonders geschützt.
Die Dimension der Großdemo in Wien dürfte ähnlich sein wie schon zwei Kundgebungen im Jänner, wobei die tatsächliche Teilnehmerzahl im Vorfeld schwierig einzuschätzen sei, wie Schnakl im Gespräch mit Journalisten erklärte. Zuletzt gab es tendenziell geringeren Zulauf. Die Polizei erwartet aber, dass Teilnehmer aus ganz Österreich und auch aus dem Ausland, etwa aus Deutschland, nach Wien anreisen werden. So registrierte man etwa Verbindungen zur rechtspopulistischen AfD.
Richtig heiß her geht es aber eigentlich erst seit vergangenem Herbst. Die Höhepunkte waren die bisher größten Demos in Wien am 16. und am 31. Jänner 2021. Nun zieht die Polizei eine erste Bilanz, nur um sofort wieder in die Zukunft zu Blicken: Denn schon am Samstag werden in Wien wieder bis zu 10.000 Menschen erwartet.
637 Versammlungen und 20.000 Polizisten
Allein seit dem 26. Dezember wurden in ganz Österreich 637 Versammlungen mit Corona-Bezug registriert. Davon wurden 113 Kundgebungen oder Demonstrationen nicht im Vorhinein bei der Polizei angemeldet. 75 Versammlungen wurden behördlich untersagt, da etwa die Organisatoren schon zuvor negativ aufgefallen waren und nicht damit zu rechnen war, dass die Abstands- oder Maskenpflicht eingehalten wird. Insgesamt waren rund 20.000 Polizisten im Einsatz.
"Die Demos mit Corona-Bezug stellen für die Polizei ein große Herausforderung dar", sagt Schnakl. Denn zum einen wolle die Polizei die Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht schützen, zum anderen stelle man aber fest, dass genau diese Rechte von diversen Gruppierungen im Zuge der Corona-Demos missbraucht werden, sagt Schnakl.
Unterwanderung von Rechtsextremen
Eine Studie aus Deutschland zeigt, dass nach Demos, bei denen sich nicht an die Maßnahmen gehalten wurde, die Infektionszahlen gestiegen sind. "Die Demos werden auch als Ersatz für Partys gesehen", sagt Schnakl.
Außerdem werden die Ängste von enttäuschten Bürgern von rechtsextremen Gruppierung, Verschwörungstheoretikern und Staatsverweigerern ausgenutzt. Diese würden die Demos organisieren und unterwandern, um ihre Ideologien zu verbreiten.
Die Demo-Organisatoren hätten etwa Verbindungen zur rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD).
"Wir stellen auch immer wieder einen latenten und manifesten Antisemitismus fest", sagt Schnakl. So wurden etwa Personen wegen des Tragens eines gelben Davidsterns, den Juden unter dem NS-Regime tragen mussten, angezeigt.
7.175 Anzeigen
Insgesamt gab es in Folge der Corona-Demos bisher 7.175 Anzeigen nach dem Verwaltungsrecht und 146 Anzeigen nach gerichtlich strafbaren Handlungen. 171 Personen wurden festgenommen. 20 Mal mussten Polizisten diverse Waffen einsetzen, acht Beamte wurden bei den Einsätzen verletzt.
Man könne Demos nicht auflösen, wenn dadurch möglicherweise in noch größerer Schaden entstehen könnte. An den Demos würden auch ältere Personen und Kinder teilnehmen, die sich verletzen könnten, betont Schnakl. Zudem wolle man vermeiden, dass sich die Demonstranten dann auf die ganze Stadt verteilen.
Herausfordernd bleibt für die Polizei, dass die Corona-Demos über soziale Medien recht spontan organisiert werden und auch in kleineren Städten stattfinden. "Nicht nur in Wien, wo wir Demo-erprobt sind", wie Schnakl sagt. Man hoffe aber durch Lockerungen der Maßnahmen und mehr Impfungen auf eine baldige Entspannung der Situation.
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