Chronik/Wien

Coronavirus: Anstieg der Gewalt gegen Frauen befürchtet

Die Ausgangsbeschränkungen sind für viele schon nach zwei Tagen eine psychische Belastung. Frauenhäuser und Kriminologen warnen deshalb vor einem Anstieg der häuslichen Gewalt. So meldete die Oberösterreichische Polizei am Dienstag einen Vorfall aus Linz: Dort soll am Montag ein 31-Jähriger seine Ex-Partnerin mit einem Klappmesser mehrmals an der Hand geschnitten und sie mit dem Umbringen bedroht haben. Sie musste operiert werden.

Doch obwohl die Polizei aktuell alle Hände voll zu tun hat, beruhigt Sprecher Patrick Maierhofer: Es sei weder ein Anstieg der Kriminalität erkennbar, noch gebe es gröbere Verstöße gegen die Corona-Regeln. Im Gegenteil hielten sich die Leute recht diszipliniert an das Versammlungsverbot.

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Dass die Sorgen der Experten dennoch berechtigt sind, zeigen Berichte aus China, wonach die Quarantäne vermehrt zu häuslicher Gewalt führt. Diese Einschätzung teilt Norbert Leonhardmair vom Vienna Centre for Societal Security.

Der Kriminalsoziologe sieht mehrere Risikofaktoren. „Zu der Tatsache, dass Familien viel Zeit auf engstem Raum verbringen, kommen finanzielle Sorgen wegen der Jobunsicherheit.“ Lebenskrisen seien häufig Auslöser von Gewalt.

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Krisenstab gefordert

Rosa Logar von der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie gibt außerdem zu bedenken, dass viele Männer nicht gewohnt seien, so viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen: „Gerade kleine Kinder können bekanntlich schwer dazu gebracht werden, still zu sein.“ Aggression können sich aufstauen und sich schließlich gegen die Angehörigen richten. Logar fordert einen Krisenstab, der sicherstellt, dass in Zeiten der Ausgangsbeschränkung der Frauenschutz erhalten bleibt.

Leonhardmair betont, dass auch die fehlende Tagesstruktur eine Rolle spielt. „Wer nicht arbeitet, beginnt vielleicht schon früher zu trinken. Gewalt kann die Folge sein.“ Erschwerend hinzu komme, dass kontrollsüchtige Partner das jetzt noch stärker ausleben können.

Logar rät gefährdeten Frauen, ständig ein Handy dabei zu haben, vorhandene Waffen zu verräumen und sich an Opferschutzeinrichtungen zu wenden.

Keine Aufnahmestopps

Zudem müsse der Weg in die Frauenhäuser weiterhin allen Betroffenen offenstehen, erklärte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser im ORF. Vor allem, da Frauenhäuser ebenso vor Herausforderungen stehen. Noch gebe es keine Aufnahmestopps. „Wir nehmen aber an, dass die Häuser schnell voll werden und wir Ausweichquartiere finden müssen.“

Betroffene erhalten Hilfe bei der Interventionsstelle gegen Gewalt und dem Frauennotruf: 0800/222555 bzw. 01/71719.