Chronik/Wien

Auf einen Wunsch mit dem Wiener Bürgermeister

Mehr als eine Stunde lang warten Dienstagabend zahlreiche Bürger vor der U-Bahn-Station Am Schöpfwerk. Und das bei eisiger Kälte. Nicht auf die nächste U-Bahn-Garnitur.  Sondern, um den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu sprechen.

Wer  so lange ausharrt, muss  wohl  ein besonders großer Fan des Bürgermeisters sein.  Oder ein  besonders wichtiges Anliegen haben. Und genau so ist es dann  auch.

Als Ludwig  um 17 Uhr  – eine Stunde später als auf  Facebook angekündigt –  eintrifft, ist der Andrang groß. Jeder will der Erste sein.

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Warten auf ein Foto 

Ein junger Bursch aus dem nahen Gemeindebau  ebenso wie eine ältere Dame mit Hut. Oder die beiden jungen Männer, die in Meidling am Sozialamt arbeiten. Sie alle warten  geduldig,  bis sie an der Reihe sind und Ludwig mit ihnen für ein gemeinsames Foto posiert.  

Ein Bild mit dem Wiener Bürgermeister – dafür sind die meisten Leute gekommen. Der eigentliche Zweck, zu dem Ludwig beim Schöpfwerk aufkreuzt, ist jedoch ein anderer: Er veranstaltet hier seinen „Wunschpunsch“.  Der Name ist Programm: Menschen  können dabei dem Bürgermeister, der sich kommendes Jahr der Wahl stellen muss, bei einer Tasse Punsch ihre Anliegen anvertrauen. Gestern fand der erste solche Abend statt. In den nächsten Wochen werden weitere in anderen Bezirken folgen.

Etwa 50 bis 60 Menschen sind der Einladung gefolgt. Zum Beispiel Jutta Mailänder. Sie  ist gekommen, um sich bei Ludwig über die Schwierigkeiten alleinerziehender Mütter zu beklagen, wenn diese in eine Gemeindewohnung ziehen wollen.

Geduld ist gefragt 

„Alleinerziehende Frauen haben derzeit kein Anrecht auf eine Gemeindewohnung“, sagt Mailänder, die sich auch  beim Verein „Alleinerziehend Österreich“ engagiert. Frauen, die häusliche Gewalt erleben, hätten keine Chance auf eine Wohnung und  blieben dann oft in ihren  Beziehungen, klagt sie. 

Ludwig hört der jungen Frau geduldig zu  – mindestens eine Viertelstunde. Dann  sagt er seine Meinung.  „Das stimmt so nicht. Dies hat nichts mit dem Status der Alleinerzieherin zu tun, sondern mit den sonstigen Rahmenbedingungen. Ob man wohnversorgt ist, ob man sozial bedürftig ist und ob man die Einkommensgrenzen nicht überschreitet“,  erklärt Ludwig.

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Das demonstrative Bemühen um die Menschen kommt gut an. „In Wien verspürt man doch eine gewisse Bürgernähe der Politiker“, sagt etwa  Thomas Landl, Vertriebsleiter von Dunlop Austria. Er ist das erste Mal zu einer derartigen Veranstaltung gekommen. 

Anders als Manfred Klaghofer. Er probiert bereits zum dritten Mal, beim Bürgermeister mit seinen Wünschen durchzukommen. Klaghofer kritisiert die geplante Verbauung des Frauenheimparks in Meidling. „Der wunderschöne Park soll zu einem Drittel gerodet und verbaut werden, damit dort ein Pflegeheim entsteht“, sagt er. Ludwig hört sich auch dieses Anliegen an. Sein Mitarbeiter schreibt jeden der Wünsche auf.

„Wir melden uns auf jeden Fall“, versichert Ludwig Klaghofer. Dass das kein leeres Versprechen ist, weiß er bereits. Nach den bisherigen Treffen hat sich immer prompt ein Mitarbeiter bei ihm gemeldet. 

Noch hat der Bürgermeister Klaghofers Wunsch zwar nicht erfüllt. Aber zumindest wurde er gehört. Insofern hat sich das Warten für ihn ausgezahlt.