Opioid-Krise: Tödliche Schmerzmittel und ein Milliardenfreikauf
Von Susanne Bobek
VonSusanne Bobek2015 konnte sich Richard Sackler, der Eigentümer des Pharmakonzerns Purdue, mit 24 Millionen Dollar Entschädigung an den Bundesstaat Kentucky freikaufen, ohne ein Schuldeingeständnis abzulegen. Das Video seiner eidesstattlichen Befragung sollte geheim bleiben, jetzt ist es öffentlich.
Heute wollen sich die Sacklers mit drei Milliarden Dollar in bar und 1,5 Milliarden Dollar durch den Verkauf eines ihrer Unternehmen freikaufen. Es ist die Geschichte eines ganzen großen Falls einer einst hoch angesehenen Unternehmerfamilie.
In den USA sind nach Behördenangaben zwischen 1999 und 2017 fast 400.000 Menschen an den Folgen von Schmerzmittel-Missbrauch gestorben. Die Pulver wie Oxycontin wurden aggressiv beworben, die Risiken der süchtigmachenden Schmerzmittel verharmlost. Ärzte, Apotheker und Supermarktketten verdienten prächtig und die Pharmakonzerne gigantisch.
Das Vermögen der Familie Sackler wird von Forbes auf 13 Milliarden Dollar geschätzt. Ihre Cashcow Purdue Pharma steht vor dem Aus. Mit einem Insolvenzverfahren will das Unternehmen die mehr als 2.000 anhängigen Klagen wegen Oxycontin beilegen, teilte der Konzern am Sonntagabend mit. Doch die 24 klagenden Bundesstaaten, fünf US-Territorien sowie 2000 Städte, Bezirke und andere Kläger lehnen diesen Deal ab. Denn sie schätzen die enormen Folgekosten der Opioid-Krise, etwa für das Gesundheits- und Sozialsystem auf 453 Milliarden Dollar innerhalb des kommenden Jahrzehnts.
Milliarde verschoben
Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James will Beweise vorlegen, dass Mitglieder der Familie Sackler die Höhe ihres Vermögens verschleiern und mindestens eine Milliarde Dollar von Purdue über Konten auf der ganzen Welt verschoben hätten. Sie wirft der Familie vor, in den vergangenen Jahren gezielt Mittel aus dem Unternehmen abgezogen zu haben. Mortimer Sackler wies diese Vorwürfe am Montag zurück und erklärte, die Transaktionen seinen völlig legal gewesen. Das Unternehmen in Stamford, Connecticut, will Purdue in eine Stiftung der öffentlichen Hand überführen. Doch diese Vereinbarung ist höchst umstritten.
„Während unser Land sich von dem Massensterben erholt, das die Sacklers mit ihrer Gier angerichtet haben, versucht die Familie, sich aus der Verantwortung zu ziehen“, sagte New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James.
Wegen der Kritik an den Sacklers haben mehrere berühmte Museen die jahrelange Zusammenarbeit mit der Familie beendet, etwa das Metropolitan Museum in New York, die Tate Modern in London und der Louvre in Paris.
Die weitverzweigte und tief zerstrittene Familie lebt verstreut auf der ganzen Welt. Doch die amerikanischen Staatsanwälte haben bereits gegen einzelne Mitglieder der Familie persönlich Klage eingereicht.