Chronik/Welt

"Time"-Magazin kürt Greta Thunberg zur "Person des Jahres"

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat Industriestaaten, auch in der EU, bei der Weltklimakonferenz vorgeworfen, die Welt mit Versprechen wie Treibhausgasneutralität bis 2050 in die Irre zu führen. Die Regierungen fänden „clevere Möglichkeiten, echtes Handeln zu umgehen“.

Einige reiche Länder hätten angekündigt, „ihre Treibhausgas-Emissionen bis zu dem und dem Datum um so und so viele Prozent zu senken oder klimaneutral zu werden“, sagte die 16-Jährige am Mittwoch in einer Rede vor den Delegierten in Madrid. „Das mag auf den ersten Blick beeindruckend klingen, aber selbst wenn die Absichten gut sein mögen, ist das keine Führung“, kritisierte Thunberg. Vielmehr seien solche Ankündigungen „irreführend“.

Schließlich bezögen die meisten Zusagen die Emissionen von Luftfahrt, Schiffsverkehr sowie dem Export und Import von Waren nicht mit ein. Vorgesehen sei hingegen die Möglichkeit, die eigenen Treibhausgasemissionen mit Klimaschutzmaßnahmen in anderen Ländern zu kompensieren.

Unter Berufung auf wissenschaftliche Erkenntnisse wie etwa die des Weltklimarats IPCC hob Thunberg hervor, dass das CO2-Budget, welches eine Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels noch erlaube, beim heutigen Umfang der Emissionen bereits in rund acht Jahren aufgebraucht sei. Klimaneutralität ab Mitte des Jahrhunderts bedeute also „nichts“, wenn das Emissionsbudget schon innerhalb weniger Jahre verbraucht sei.

Das US-Magazin Time kürte die Schwedin am Mittwoch zur "Person des Jahres".

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Die neue EU-Kommission will das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gesetzlich verankern. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt am Mittwoch die ersten Punkte eines entsprechenden Klimaschutzgesetzes vor. Bisher widersetzen sich die drei osteuropäischen Länder Polen, Tschechien und Ungarn dem gemeinsamen Ziel der Klimaneutralität, beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag könnte aber eine Einigung mit ihnen erzielt werden.

Bolsonaro nennt Greta eine Göre

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat Kritik der Klimaaktivistin Greta Thunberg am Tod zweier Indigener mit einem mehrdeutigen Ausdruck zurückgewiesen. Er bezeichnete die 16-Jährige vor Journalisten am Dienstag (Ortszeit) in der Hauptstadt Brasilia als „pirralha“ - das kann sowohl Göre, Balg oder Rotzlöffel bedeuten als auch Winzling, Racker, Wicht oder Knirps.

Thunberg hatte zuvor in Bezug auf den Tod zweier Ureinwohner im Nordosten Brasiliens vom Samstag auf Twitter geschrieben, in dem Land würden die indigenen Völker „buchstäblich ermordet“, weil sie den Regenwald vor dem Abholzen zu schützen versuchten. Angesichts von Berichten, Bolsonaro habe Thunberg als „Göre“ oder „Balg“ bezeichnet, war Regierungssprecher Otavio do Rego Barros am Abend nach Angaben des Nachrichtenportals Uol um Aufklärung bemüht: Der Präsident sei nicht unhöflich gewesen, als er die Schwedin so nannte: „Pirralha ist ein Kind oder eine Person kleiner Statur“, sagte er Uol zufolge. „Unter grammatikalischen Gesichtspunkten war er nicht unhöflich.“ Auf die Frage, ob Bolsonaro schon einen seiner Minister „pirralho“ genannte habe, antwortete er. „Ja, mich“.

Konkret hatte Bolsonaro auf die Frage von Journalisten nach Thunbergs Kritik Medien zufolge geantwortet: „Wie heißt dieses Mädchen da? Von außerhalb? Greta. Die Greta sagte, dass die Indigenen starben, weil sie den Regenwald schützten. Es ist schon erstaunlich, dass die Presse einer solchen 'pirralha' Platz gibt.“
Thunberg selbst nahm das Ganze augenscheinlich mit Humor: In ihrem Profil auf Twitter war zeitweise das Wort 'pirralha' zu lesen. Bolsonaro ist für seine teils abfälligen Bemerkungen bekannt, seine Regierung steht wegen ihrer Umweltpolitik international in der Kritik.