Mordfall Peggy: 41-Jähriger gestand Transport der Leiche
Ein Geständnis im rätselhaften Mordfall der neunjährigen Peggy in Deutschland hat die Ermittler rund 17 Jahre nach Verschwinden des Kindes einen wesentlichen Schritt weitergebracht. Ein 41-Jähriger hat ausgesagt, den leblosen Körper des Mädchens im Mai 2001 in einen Wald gebracht zu haben, wo Jahre später Knochen gefunden wurden.
"Wir sind überzeugt davon, den Mann gefasst zu haben, der den Körper von Peggy in das Waldstück bei Thüringen gebracht hat", sagte Daniel Götz, Gruppenleiter der Staatsanwaltschaft Bayreuth, am Freitag. Der 41-Jährige ist für die Beamten kein Unbekannter: Sie hatten ihn schon früher im Zusammenhang mit der Suche nach dem Kind im Visier.
Der nun Beschuldigte habe vor einigen Tagen bei einer Vernehmung angegeben, dass er das leblose Kind von einem anderen Mann an einer Bushaltestelle übernommen habe. Er habe noch versucht, das Mädchen zu beatmen - es dann jedoch in eine rote Decke gepackt, in den Kofferraum seines goldfarbenen Autos gelegt und in den Wald gebracht.
Er habe den Ermittlern auch gesagt, wer der Mann war, der ihn an der Bushaltestelle zum Anhalten aufforderte. Zu dieser Person wollten Staatsanwaltschaft und Polizei allerdings im Hinblick auf die Ermittlungen im Moment keine näheren Angaben machen.
41-Jähriger bleibt auf freiem Fuß
Die Beamten gehen von einem Mordfall aus. Der 41-Jährige sei aber vernommen und danach entlassen worden. Er bleibe bis auf weiteres auf freiem Fuß. Die Polizei sehe keinen dringenden Tatverdacht, hieß es am Freitag. Die Ermittler suchen nach Zeugen, etwa ob jemand das goldfarbene Auto gesehen hat. Fotos von dem Wagen und weiterer Spuren haben die Behörden im Internet veröffentlicht, so dass sich jeder einen Eindruck machen kann. Nach wie vor ist eine Belohnung in Höhe von 30.000 Euro für hilfreiche Hinweise ausgesetzt.
Das Schicksal von Peggy gilt als einer der rätselhaftesten Fälle in Deutschland. Am 7. Mai 2001 war sie auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Gut 15 Jahre später - Anfang Juli 2016 - fand ein Pilzsammler Teile ihres Skeletts in einem Waldstück bei Rodacherbrunn in Thüringen - knapp 20 Kilometer von Peggys Heimatort Lichtenberg im bayerischen Oberfranken entfernt. Vergangene Woche hatte die Polizei mehrere Anwesen des 41 Jahre alten Beschuldigten durchsucht und dabei unter anderem Beweismaterial sichergestellt.
Nun teilten die Ermittler mit, dass im Zuge einer forensischen Pollenanalyse von Fundstücken an den sterblichen Überresten des Mädchens Torfspuren entdeckt wurden. Sie stehen in Bezug zu Pflanzarbeiten des Mannes am Tattag, die den Ermittlern bekannt waren. Außerdem fanden sie Farbreste, wie sie in Renovierungsmüll vorkommen. "Den Ermittlern war bekannt, dass der jetzt Beschuldigte damals umfangreiche Renovierungsarbeiten ausgeführt hatte", hieß es.
Darüber hinaus platzte ein angebliches Alibi des Mannes: Entgegen seiner bisherigen Angaben war er am Tattag in Lichtenberg unterwegs. Die Schultasche und die Jacke von Peggy will der 41-Jährige Tage später bei sich zu Hause verbrannt haben, wie die Ermittler sagten. Das goldfarbene Auto haben Polizei und Staatsanwaltschaft inzwischen gefunden. Es werde ebenfalls nach Spuren untersucht.
Falscher verurteilt
Das traurige Geschehen hätte genug Stoff für einen filmreifen Krimi: Im Laufe der Jahre hatte eine Sonderkommission mehrere Verdächtige, doch viele Spuren liefen ins Leere. Aufsehen erregte der Fall eines geistig behinderten Mannes, den ein Gericht 2004 als Mörder von Peggy verurteilte - der aber zehn Jahre später in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen wurde.
Zudem entdeckten Ermittler am Fundort von Peggys Skelett DNA des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt. Das stellte sich zwar später als Verunreinigung eines Geräts der Spurensicherung heraus - doch äußerte sich im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht sogar die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu dem Fall. Sie bestritt dort, etwas über Peggy gewusst zu haben.
In Peggys Heimatort ist ihr Schicksal seit 17 Jahren immer wieder allgegenwärtig. Im vergangenen Jahr hatten sich Bürger aus Lichtenberg, Bürgermeister Holger Knüppel und mehrere Stadträte mit einem "Hilferuf" an die Öffentlichkeit gewandt. Sie warfen den Behörden gravierende Fehler und Schlamperei bei den Ermittlungen vor und sprachen von einem "Polizei- und Justizskandal". Hinweise aus der Bevölkerung seien ignoriert worden, Zeugenaussagen aus den Akten verschwunden. Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück.
Bürgermeister Knüppel zeigte sich nach den neuesten Nachrichten erleichtert: "Ich bin froh, dass die Ermittlungen nun zu einem weiteren konkreten Ergebnis geführt haben."