Das Gewölbe von Notre-Dame kann jederzeit einstürzen
Von Susanne Bobek
„Heute kann man nicht absolut garantieren, dass das Baudenkmal stehen bleibt“, sagte der Chef-Architekt für historische Bauwerke in Frankreich, Philippe Villeneuve, der Zeitung Le Figaro am Dienstag. Bisher habe man Glück gehabt, weil das Gebäude stabil sei. „Aber das Gewölbe könnte nächste Woche genau so gut einstürzen.“
Derzeit arbeiten 150 Menschen in und um die Kathedrale, in der am Abend des 15. April das Feuer ausgebrochen ist. Es war der Montag in der Karwoche, als die Flammen immer weiter um sich griffen. Verstörende Bilder gingen um die Welt.
Der Vierungsturm, der das Haupt- und das Querschiff der Kathedrale zusammen hält, stürzte ein. Das Gewölbe des Hauptschiffs wurde an mindestens zwei Stellen durchbrochen. Und der gesamte Dachstuhl brannte ab. Doch fast alle Kunstschätze konnten gerettet werden.
Die Brandursache ist noch nicht geklärt. Möglicherweise war es eine achtlos weggeworfene Zigarette.
Helden der Feuerwehr
Philippe Villeneuve wollte sich aber nicht an Spekulationen über die Brandursache beteiligen. Er stellte den 400 Feuerwehrmännern, die in dieser Nacht im Einsatz waren ein großes Kompliment aus: „Es hätte viel schlimmer kommen können und in gewisser Weise sind die Schäden begrenzt worden.“
Präsident Emmanuel Macron will das Pariser Wahrzeichen innerhalb von fünf Jahren pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen 2024 wieder aufbauen. Schätzungen zufolge soll der Wiederaufbau zwischen 600 und 700 Millionen Euro kosten. Laut Kulturminister Franck Riester sind derzeit 850 Millionen Euro zugesagt. In der französischen Nationalversammlung wurden die Pläne für den schnellen Wiederaufbau nach 13-stündiger Debatte abgesegnet: Beim Denkmal- und Umweltschutz, sowie bei öffentlichen Ausschreibungen wird es Ausnahmen geben dürfen.
Architekt Villeneuve hält den von Macron vorgegebenen Zeitplan durchaus für machbar. Allerdings habe man bereits vor dem Brand an der Restaurierung der Kathedrale gearbeitet, denn an vielen Stellen bröckelte die Bausubstanz. Eine komplette Restaurierung des Touristenmagnets werde daher viel länger dauern.
Kulturminister Riester sagte zum Zeitplan für Notre-Dame: „Wir bringen nicht Schnelligkeit mit Überstürzung durcheinander.“