700-Kilo-Frechdachs: Walrossdame "Freya" zerstört Boote in Oslo
Kaum jemand polarisiert in Norwegen in diesen Tagen so sehr wie sie. Fernab der Heimat verbringt eine Walrossdame, von Wissenschaftlern nach der nordischen Göttin "Freya" getauft, ihren Sommer im Hafen von Oslo. Für Einheimische wie Touristen ist das Tier zur Attraktion geworden, weil es regelmäßig beim Schlafen am Pier oder auf Booten beobachtet werden kann.
Das Problem dabei: Mit ihren knapp 700 Kilogramm ist "Freya" eine stattliche Kuh - zu schwer für die meisten kleinen Boote, in die sie klettert, um sich darauf zu sonnen. Nach Angaben lokaler Medien hat sie deshalb bereits etliche Gefährte versenkt und noch viel mehr beschädigt. Bootsbesitzer in der norwegischen Hauptstadt fordern daher immer lauter, dass die Behörden etwas gegen "Freya" unternehmen.
Doch der Walrossdame ist nicht so leicht beizukommen. Geschossen werden darf "Freya" freilich nicht.
Vor allem Besitzer niedriger Boote mit kleinerem Außenmotor sollten sich ernsthaft überlegen, "ob es möglich ist, das Boot zu drehen und mit dem Heck in Richtung Kai anzulegen", empfiehl der norwegische Biologe Kjell Isaksen Anrainern auf dem Nachrichtenportal Euronews. weiter. "Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Walross in das Boot eindringt und Schaden anrichtet, viel geringer".
Stress durch Schaulustige
Weil das Tier regelmäßig von Schaulustigen umringt wird, die ihm oftmals auch mit Booten auf das offene Meer hinaus folgen, stehe es ständig unter Stress, warnte die norwegische Fischereibehörde. "Sie kommt nicht zur Ruhe, sie müsste sich eigentlich bis zu 20 Stunden pro Tag entspannen", warnt der Walross-Experte Rune Aae von der Universität Südostnorwegen. Der Stress könne bei "Freya" zu unvorhersehbarem Verhalten führen - auch dazu, dass sie ständig versucht, in Botte zu klettern, um ihre Ruhe zu haben.
Die Gemeinde hat gemeinsam mit örtlichen Forschen inzwischen eine Art schwimmenden Steg gebaut und vor dem Hafen platziert. Dort soll "Freya" sich zum Ausruhen zurückziehen. Die Idee ist, dass die Walrossdame merkt, dass sie dort weniger unter Beobachtung steht und sich an den Steg gewöhnt - damit er dann mithilfe eines Schiffes aus dem Oslofjord gezogen und gemeinsam mit "Freya" an die Nordküste Norwegens gebracht werden kann. Das Problem: Sie habe den Steg bisher noch nicht angenommen und bevorzuge weiter Boote.
Was, wenn es angreift?
Vorab: Sollten Sie jemals auf ein Walross in freier Wildbahn treffen, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es Sie angreifen würde. Walrosse sind grundsätzlich scheue Tiere, die gegenüber großen Raubtieren wie Eisbären zunächst auf Drohgebärden setzen, bevor sie die Flucht ergreifen. Sie verteidigen sich nur, wenn ihnen ein Fressfeind zu nahe kommt oder sie überrascht werden.
Dass Sie ein Walross in freier Wildbahn unbeabsichtigt überraschen könnten, ist ausgeschlossen. Zum einen ist schon ein einzelnes Walross sehr groß: Ausgewachsene Exemplare werden meist drei Meter lang, Weibchen wiegen bis zu 800 Kilogramm, Männchen oft weit über eine Tonne. Außerdem riechen die Tiere sehr streng. Ausschlaggebend für die These, dass Sie ein Walross nicht überraschen könnten, ist aber die Tatsache, dass Walrosse den Großteil des Jahres in Gruppen von mehren hundert Tieren verbringen.
Im unwahrscheinlichen Fall, dass Sie sich - aus welchen Gründen auch immer - in einer Situation befinden, in der Ihr Geruchssinn leider gerade außerordentlich stark beeinträchtigt ist und Sie von einem Walross an einem ungewohnten Ort überrascht werden (zum Beispiel am Sonnendeck Ihrer Yacht im Hafen von Oslo): Fliehen Sie, Sie haben keine Chance!
Das Walross ist nicht nur deutlich größer und schwerer als Sie wahrscheinlich dachten, es kann seine im Schnitt 50 Zentimeter langen Stoßzähne auch deutlich geschickter als Waffe einsetzen, als Sie wahrscheinlich denken. Mit diesen Hauern können Walrosse - auch Weibchen - selbst Eisbären schwer verletzen, die daher in freier Wildbahn stets die Tatzen von ausgewachsenen Walrossen lassen.
Selbst wenn Sie über eine Nahkampfwaffe verfügen, werden Sie dem Tier kaum etwas anhaben können. Der Rumpf ist mit einer bis zu acht Zentimeter dicken Fettschicht überzogen, die Sie mit den meisten handelsüblichen Messern kaum durchstoßen werden können. Selbst der Kopf des Walrosses ist außerordentlich gut vor Schlägen geschützt: Weil die Tiere mehrmals täglich ihre Hauer in Eisplatten oder Steine rammen, um sich mithilfe ihrer ausgeprägten Nackenmuskulatur daran aus dem Wasser zu ziehen, ist ihr Schädelknochen verdickt - somit erleiden sie keine Gehirnerschütterungen.
Daher sei Ihnen an dieser Stelle bei einer direkten Begegnung mit einem Walross (Sie Pechvogel) noch einmal ausdrücklich nahegelegt, dass die Flucht Ihre einzige Option darstellt. Legen Sie dabei unbedingt einen längeren Sprint an Land ein, springen Sie nicht ins Wasser - dort ist das Walross trotz seiner tonnenförmigen Figur ausgesprochen flink unterwegs und würde Sie einholen.
An Land ist das Walross zwar ebenfalls sehr schnell (bis zu 35 km/h bei kurzen Sprints), doch ist diese Fortbewegungsform für das Tier sehr anstrengend, da dürften Sie über die größere Ausdauer verfügen.
In freier Wildbahn gibt es übrigens nur ein Tier, das regelmäßig erfolgreich Jagd auf Walrosse macht: Der Orca. Mit dem müssen Sie sich aber nicht vergleichen.