30 Tonnen schwerer Wal-Kadaver in England zieht Schaulustige an
Ein 30 Tonnen schwerer Finnwal, der an der englischen Nordseeküste angespült wurde und verendet ist, stellt die Behörden vor logistische Schwierigkeiten. Man wolle vermeiden, das 17 Meter lange Tier am Strand zu zerteilen, stattdessen solle es an einem Stück wegtransportiert werden, meldete die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag.
Der am Dienstag angespülte Wal, der kurze Zeit später verendete, sei inzwischen zu einer "makabren Touristenattraktion" geworden. Ganze Familien reisten zu dem Strand bei der Gemeinde Bridlington in der Grafschaft Yorkshire, um Selfies zu machen. Die Behörden riefen die Menschen auf, sich von dem Tier fernzuhalten.
"Wir werden in den kommenden Tagen mit beauftragten Unternehmen zusammenarbeiten und versuchen, den Wal als Ganzes vom Strand wegzubewegen, und wir arbeiten mit zoologischen Experten zusammen, um den Grund für dieses traurige Ereignis zu ergründen", sagte ein Sprecher der Gemeindeverwaltung.
Finnwale werden Experten zufolge nur selten in der Nordsee gesichtet. Sie halten sich eher in tieferen Gewässern auf. Erst Anfang April war ein toter Pottwal ebenfalls an der Nordseeküste nahe des etwas weiter südlich gelegenen Grimbsby in der Grafschaft Lincolnshire angespült worden.
Was, wenn sie explodieren?
„Obwohl es in Ausnahmefällen vorkommen kann, gilt festzuhalten, dass die meisten gestrandeten Wale nicht explodieren – dies scheint mehr ein Interessensphänomen der Öffentlichkeit zu sein“, sagt die Wildtierärztin und Wissenschafterin Katharina Seilern-Moy zum KURIER. Sie leistet bei Bedarf dem britischen Cetacean Strandings Investigation Programme (CSIP) Beistand – einem Projekt, das sich der Aufklärung von Strandungen großer Meerestiere annimmt. Die Zahl der Fälle explodierender Walkadaver hält sich tatsächlich in Grenzen – 13 Wal-Explosionen dokumentiert der Blog „theexplodingwhale.com“ seit den vergangenen 52 Jahren.
„Ob ein gestrandeter Wal explodiert oder nicht, liegt Großteils an der Art des Tieres sowie der Dicke und Konsistenz der Walspeckschicht“, sagt Seilern-Moy. Bei den Bartenwalen, die große Mengen an Wasser filtern und einen weiten Schlund aufweisen, trete dieses Phänomen kaum auf. Seilern-Moy: „Der interne Druck der durch von Bakterien produzierten Gasen entsteht kann hier zum Aufblähen des Körpers und gelegentlich zum Austritt einzelner Organteile führen. In der Regel besteht aber keine Explosionsgefahr.“
Anders verhalte es sich bei Zahnwalen, zu denen auch die Schnabelwale zählen: „Hier ist der Schlund enger und die Walspeckschicht weniger elastisch, wodurch Faulgase nicht so leicht austreten können. Tendenziell ist das Explosionsrisiko bei größeren Walen dieser Art, wie zum Beispiel dem Pottwal, höher, weswegen wir bei einer Obduktion darauf achten, den Druck durch einen vorsichtig gesetzten Stich in den Rücken abzulassen“, sagt sie. „In den Rücken aus dem Grund, da die Wirbelsäule zusätzlichen Schutz vor einer möglichen Explosion bietet.“
Vor allem führen die Teams, bestehend aus Biologen und Tierärzten Obduktionen durch, um mehr über die Todesursache sowie grundsätzlich mehr über die Tiere herauszufinden, „damit wir mehr Wissen darüber haben, wie wir die Meeressäuger in Zukunft besser schützen können“, sagt Seilern-Moy. Grundsätzlich sei festzuhalten, dass der Mensch für die Wale eine größere Gefahr darstelle als andersherum.
Wer am Strand einen Walkadaver findet, sei mit wenigen Metern Abstand vor einer – unwahrscheinlichen – Explosion geschützt und solle die örtlichen Behörden verständigen. „Nur bei einer mit Sprengstoff herbeigeführten Explosion ist wohl ein größerer Abstand zu empfehlen“, sagt Seilern-Moy. 1970 wurde etwa ein Wal im US-Staat Oregon mit einer halben Tonne Dynamit gesprengt - die Explosion verteilte Transtücke in einem großen Radius um den Strand und führte dazu, dass ein Auto zerstört wurde.