"Staatenbund": Ein gar eigener Putsch-Prozess
Im „Staatenbund“-Prozess begann am Donnerstag das Warten auf das Urteil, nachdem die Geschworenen in der Früh in die Beratung gingen.
- Die Anklage: Der Staatsanwalt arbeitete fast zwei Jahre lang an dem Komplex Staatsverweigerer. Daraus entstand eine 320 Seiten dicke Anklageschrift mit bisher noch nie in der Zweiten Republik angelasteten Delikten: Hochverrat und staatsfeindliche Verbindung.
- Die Vorwürfe: Die Angeklagten haben das Bundesheer 2017 in Briefen aufgefordert, mehr als 100 Personen zu verhaften Bundespräsident, Bundesregierung, Landeshauptleute, Bürgermeister. Sogar eigene Haftbefehle stellten sie aus. Das wertet der Ankläger als Bestimmung zum Hochverrat: Da Soldaten bewaffnet sind, sei dies ein tauglicher Versuch, einen Putsch zu organisieren.
Die staatsfeindliche Verbindung hat mit Ablehnung der Republik Österreich zu tun: Sie sehen darin nur eine Firma mit „Staatssimulation auf höchstem kriminellen Niveau“. Weiters angeklagt sind unter anderem Betrug (der „Staatenbund“ verkaufte eigene Kennzeichen und Gewerbescheine) sowie Anstiftung zum Amtsmissbrauch (weil Soldaten widerrechtlich Verhaftungen vornehmen sollten).
- Die Angeklagten: Sie kommen aus ganz Österreich, acht gehören zum Führungskreis des „Staatenbundes“, der 2015 gegründet wurde. Ihnen gilt die Hochverrats-Anklage. Die 42-jährige „Präsidentin auf Lebenszeit“ gilt als Hauptangeklagte, die Steirerin sitzt seit fast zwei Jahren in U-Haft, ebenso wie weitere zwei Angeklagte.
- Der Strafrahmen: Auf Hochverrat stehen zehn bis zwanzig Jahre Haft, auf staatsfeindliche Verbindung sechs Monate bis fünf Jahre, auf Betrug bis zu drei Jahre.
- Die Verteidigung: Die 14 Pflichtverteidiger forderten Freisprüche für alle Mandanten. Für Putsch sei Gewalt nötig, doch die Truppe hänge zwar „verquerem Gedankengut“ nach, sei aber friedlich. Generell bemühten sich die Anwälte, die „Staatenbündler“ als seltsam, aber harmlos darzustellen: „Das ist ein unorganisierter, planloser Haufen. Die Präsidentin ist nur eine Karikatur.“
- Die lange Dauer bis zum Urteil: Das Prozedere sieht vor, dass den Laienrichtern Fragen gestellt werden zu jedem Anklagepunkt, zu jedem Angeklagten. In diesem Verfahren sind dies rund 300. Sie müssen mit Ja oder Nein beantwortet und zwei Mal vorgelesen werden: Ein Mal vom Obmann der Geschworenen, ein Mal von der vorsitzenden Richterin, das dauert Stunden. Erst danach gibt der Richtersenat im Fall einer Verurteilung die Strafhöhen bekannt.
Wegen der langen Dauer plant das Gericht, das Urteil erst Freitagfrüh öffentlich zu verkünden, das ist ungewöhnlich: Üblicherweise passiert dies direkt, nachdem die Geschworenen ihren sogenannten Wahrspruch gefunden haben. Auch die Vertagung nach den Schlussworten der Verteidiger und Angeklagten Mittwochnacht war unüblich.
- Ein neues Gesetz: Die Ermittlungen rund um die Staatsverweigerer machten eines offensichtlich es fehlte ein passender Punkt im Strafgesetz, um solche Gruppierungen leichter fassen zu können. Seit 1. Jänner 2018 gibt § 247 a staatsfeindliche Bewegung, Höchststrafe zwei Jahre Haft. Da die Ermittlungen gegen den „Staatenbund“ bereits 2017 begannen, kann dieser Paragraf hier aber nicht mehr angewendet werden.