Chronik/Österreich

Spionagefall: Egisto Ott bleibt weiter in U-Haft

Am Karfreitag war er in seiner toskanischen Villa in Kärnten mit Verstärkung der Anti-Terroreinheit Cobra verhaftet worden. Seit Ostersonntag sitzt Egisto Ott wegen Spionageverdachts in einer Zelle der Justizanstalt Josefstadt. Und so schnell dürfte er von dort auch nicht in den Süden zurückkehren.

Jener Mann, der sich einst dem Schutz des österreichischen Staates verschrieben hatte, aber wohl vielmehr dessen Geheimnisse im Auftrag von Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek an Russland verkauft haben soll. So der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Am Montag wurde nun die Untersuchungshaft für den 61-Jährigen auf Beschluss einer Richterin hin, verlängert. Dies bestätigte auch die Sprecherin des Landesgerichts Wien, Christina Salzborn, gegenüber dem KURIER: "Die U-Haft wird wegen Verdunkelungs- und Tatbegehunsgefahr fortgesetzt."

Die Verteidigung von Ott hatte zuvor auf eine Haftverhandlung, wie sie sonst üblich ist, verzichtet. 

Unterdessen soll die Auswertungen der Mobiltelefone und Datenträger von Ott auf Hochtouren laufen. Ermittler erhoffen sich darauf Indizien zu finden, die weitere Beweise für das mögliche Spionagenetz von Ott, Martin Weiss und Jan Marsalek liefern könnten. 

Zur Erinnerung: Martin Weiss war einst der Chef von Ott im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Er lernte wohl bereits 2015 Jan Marsalek kennen, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein Spion Russlands gewesen sein soll. 

Marsalek, Ott und Weiss sollen in weiterer Folge ein Spionagenetzwerk aufgezogen haben, das "bis zum heutigen Tag" (so steht es im Ermittlungsakt) aktiv gewesen sein soll.

Ott dürfte darin folgende Rolle gespielt haben:

  • Er soll Hunderte illegale Abfragen über Personen, vorwiegend Feinde Putins, durchgeführt, oder beauftragt haben. Um etwa an Informationen über Aufenthalts- oder Wohnort der Betroffenen zu kommen.
  • Er soll jene drei Handys von Innenministeriumsmitarbeitern, die 2017 ins Wasser gefallen und illegal ausgewertet worden waren, jahrelang bei sich gelagert haben. Und schließlich bei der Übergabe in einer Wohnung in Wien-Floridsdorf anwesend gewesen sein, als diese Handys von einem bulgarischen Russen-Spion abgeholt und in die Lubjanka, den Sitz des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, gebracht worden sein sollen.
  • Er soll nach dem Tiergarten-Mord in Berlin eine Art "Fehleranalyse und Verbesserungsvorschläge“ für künftige Attentate auf Putin-Kritiker erstellt haben.
  • Er soll mehrere Politiker mit streng vertraulichen Informationen versorgt haben.
  • Er soll sich, als er noch Teil des BVT war (er schied 2017 aus dem Amt aus), streng geheime Dokumente an seine private Email-Adresse geschickt haben. Insgesamt ist die Rede von 2.400 Mails.
  • Zwei sogenannte SINA-Laptops wurden bei Hausdurchsuchungen bei ihm gefunden. Mit diesen können Dateien gespeichert und verschickt werden, die als geheim eingestuft werden. Wozu brauchte Ott diese Geräte?
  • Laut Akten aus dem U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ soll auf Otts Handy auch eine bearbeitete parlamentarische Anfrage zur Operation „White Milk“ entdeckt worden sein, die letztlich von der FPÖ eingebracht wurde. Hat Ott also direkt bei einer FPÖ-Anfrage mitgewirkt?

Viele Fragen stellen sich aber noch um eine weitere Person: Martin Weiss. Gegen den einstigen Vorgesetzten von Ott liegt nach wie vor kein Haftbefehl vor. Wie der 60-Jährige dabei die Justiz in der Vergangenheit narrte, wird nun Stück für Stück bekannt.

Weiss bereits einmal gefasst

Dabei hatten die Ermittler alle Beweise geliefert, um Weiss festzusetzen. So wurde er im Jänner 2021 festgenommen, weil er Marsalek bei seiner Flucht aus Österreich nach Moskau geholfen haben soll.

Bei seiner Vernehmungen gab Weiss bereits damals zu, von Ende 2018 bis 2020 in 25 Fällen personenbezogene Daten bzw. Überprüfungen für Marsalek angeordnet und mit deren Durchführung Ott beauftragt zu haben. Zwei Tage nach seiner Festnahme, am 24. Jänner 2021 wurde Weiss aber wieder auf freien Fuß gesetzt, wobei er zusicherte, für weitere Vernehmungen zur Verfügung zu stehen und allfälligen Vorladungen Folge zu leisten. Dem kam er allerdings nicht mehr nach. Vielmehr setzte er sich offenbar mit der Hilfe von Marsalek nach Dubai ab, wie auch Chats belegen.

Doch nun wird es brisant: Weiss kehrte aus Dubai sogar nochmal nach Europa zurück. Und zwar nach Deutschland. Wie das Profil berichtet, war Weiss im April 2022 zu einer Aussage bei der Staatsanwaltschaft in München, und zwar offenbar ohne Wissen der österreichischen Behörden und unter Zusage auf freies Geleit.