Chronik/Österreich

Innsbruck-Wahl: Parteirebellen fliegen aus der ÖVP

Der designierte Bürgermeisterkandidat des neuen bürgerlichen Bündnisses für die Innsbrucker Gemeinderatswahl im kommenden Frühjahr, Florian Tursky (ÖVP), bekommt Konkurrenz aus dem eigenen Stall:

ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber tritt bei der Wahl als Bürgermeisterkandidat mit einer eigenen Liste an.

Man wolle "als eigene, breite, bürgerliche Bewegung antreten", kündigte er gemeinsam mit ÖVP-Gemeinderätin Mariella Lutz am Donnerstagvormittag in einem Innsbrucker Wirtshaus an.

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Wenige Stunden nach dieser Ankündigung zog die Parteizentrale Konsequenzen. „Mit der heutigen Ankündigung von Johannes Anzengruber und Mariella Lutz, bei der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl in Innsbruck mit einer eigenen Liste anzutreten, ist ihre Mitgliedschaft in der Volkspartei und damit auch in allen Gremien kraft Statut automatisch erloschen", verkündete ÖVP-Landesgeschäftsführer Sebastian Kolland. Beide hätten "den Weg des bürgerlichen Miteinanders verlassen."

"Es darf in Innsbruck nicht weiterhin um einzelne Befindlichkeiten gehen", kommentierte Tursky die Abspaltung schriftlich. "Wenn Einzelne diesen Weg verlassen ändert das nichts am Ziel: Wir wollen mit dem breiten bürgerlichen Bündnis wieder Politik für die Menschen in dieser Stadt machen, denn unser Innsbruck kann mehr."

Wiedervereinigung

Die ÖVP und die 1994 vom späteren Landeshauptmann Herwig van Staa gegründete Liste für Innsbruck (FI) haben kürzlich ihre Wiedervereinigung zelebriert und ein gemeinsames Antreten unter der Führung von Tursky bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen im kommenden Frühjahr angekündigt.

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Doch diese vermeintliche Einigung des bürgerlichen Lagers wurde von Anzengruber torpediert, der selbst darauf pochte, die ÖVP als Spitzenkandidat in die Wahl zu führen. Der Streit wurde auf öffentlicher Bühne ausgetragen.

Offener Bruch

Nun ist es zum offenen Bruch gekommen. Entgegen ursprünglicher Ankündigung wird Anzengruber nicht beim ÖVP-Stadtparteitag am 3. November gegen Tursky um den Posten des ÖVP-Stadtparteiobmannes rittern.

Er wolle "die Sache vor die Parteipolitik stellen", erklärte der ÖVP-Vizebürgermeister, ohne selbst programmatische Ansagen machen zu wollen. Verschlossen gab sich Anzengruber auch zum Namen seiner Liste und weiterer Mitstreiter.

Er wolle Bürgermeister werden, gab sich der frühere Almwirt kämpferisch. Prozentziele für seine Liste ließ er sich nicht entlocken.

Nicht mit Ausschluss gerechnet

Angesichts des Antretens mit einer konkurrierenden Liste wurde erwartet, dass Anzengruber aus der Partei ausgeschlossen wird. "Ich gehe nicht davon aus", erklärte der Vize-Stadtchef auf Nachfrage dazu zunächst. Und sollte sich irren, wie sich später herausstellte.

Wie Anzengrubers Chancen bei der Wahl stehen, bleibt abzuwarten. Sowohl in der Listenwahl als auch in der Bürgermeisterdirektwahl könnte er dem neuen bürgerlichen Bündnis und Tursky aber einige schmerzhafte Prozent kosten.

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Es war ein offenes Geheimnis, dass weder Stadt- noch Landes-ÖVP - und vor allem auch nicht der jetzige Bündnispartner "Für Innsbruck" unter Ex-Bürgermeisterin Chrstine Oppitz-Plörer - Anzengruber als Herausforderer von Grünen-Stadtchef Georg Willi wollten.

Anzengruber wurde es parteiintern nicht zugetraut, Willi aus dem Amt zu kegeln. Außerdem wurden ihm Alleingänge, mangelnde Teamfähigkeit und ein zu enges Verhältnis zum politischen Gegner Willi angekreidet.

Nach der Designierung Turskys als Parteichef für den Stadtparteiobmann Anfang Oktober übte Anzengruber zudem scharfe offene Kritik an der Partei. Damals bekundete er aber noch, auf jeden Fall am Stadtparteitag antreten zu wollen.

Zuletzt geriet der schwarze Vizebürgermeister auch noch wegen einer umstrittenen Verteilung von "Erlebnis Cards Tirol", unter anderem an Feuerwehrmitglieder, ins Visier. Die Stadt schaltete letztlich die Staatsanwaltschaft ein. Eine magistratsinterne Prüfung habe ergeben, dass bei "Verdacht einer strafbaren Handlung" Anzeigepflicht bestehe, hieß es.

Anzengruber begrüßte in einer Reaktion, dass die Sache nun "unvoreingenommen geprüft" werde. Der Vizebürgermeister sah in der Karten-Aktion nichts Verwerfliches, im Gegenteil. Er betonte, dass er nur als Vermittler tätig geworden sei und die Karten weder der Stadt noch ihm persönlich geschenkt worden waren.