Getötete 81-Jährige in Salzburg: DNA-Treffer führte Polizei zu Verdächtigem
Mehr als ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod einer 81-jährigen Frau im Salzburger Stadtteil Maxglan hat die Polizei am Donnerstag in Wiener Neustadt einen Tatverdächtigen festgenommen. Wie der Leiter des Landeskriminalamts, Christian Voggenberger, am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz sagte, wurde der 61-jährige Österreicher noch in der Nacht nach Salzburg überstellt und den ganzen Freitag verhört.
Der Mann - er lebte von 2006 bis Anfang August selbst in dem Wohnblock des Opfers und übersiedelte dann nach Niederösterreich - bestreitet bisher jeden Zusammenhang mit der Tat. Ihm zufolge kannte er das spätere Opfer nur vom Sehen und war nie bei der Frau in der Wohnung gewesen. Der frühere Handwerker ist nicht vorbestraft und in Pension. Die Staatsanwaltschaft hat noch am Freitag einen Antrag auf Verhängung der U-Haft gestellt. Für den 61-Jährigen gilt die Unschuldsvermutung.
Auf die Spur des Verdächtigen kamen die Ermittler, nachdem der bekannte Kriminalpsychologe Thomas Müller zunächst den Kreis der potenziellen Täter eingrenzte und die Staatsanwaltschaft zu einer eher seltenen Maßnahme griff: Sie beantragte bei Gericht eine DNA-Reihenuntersuchung, die schließlich bei allen 37 alleinstehenden Männern aus dem Wohnblock mit seinen 96 Kleinstwohnungen durchgeführt wurde. „Es haben auch alle freiwillig einen Mundhöhlenabstrich abgegeben“, erklärte Staatsanwalt Marcus Neher - auch der nun festgenommene Mann.
Die DNA-Reihenuntersuchung wurde im Verlauf der vergangenen drei, vier Monate Schritt für Schritt durchgeführt. Gestern, wurde die Polizei dann von der Gerichtsmedizin telefonisch von einem Treffer informiert. 13 DNA-Abriebe vom Tatort, die etwa unter den Fingernägeln der Toten entdeckt worden sind, konnten dem Verdächtigen zugeordnet werden. Es wurde umgehend eine Festnahmeanordnung und Hausdurchsuchungen bei der alter und der neuen Wohnadresse des Verdächtigen erwirkt. Beamte des LKA Niederösterreich nahmen den Mann darauf fest.
"Hochemotionale Tat"
Die Pensionistin war am 30. August 2020 vormittags tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Ein Bekannter hatte Nachschau in dem Wohnblock gehalten, weil er die 81-Jährige nicht mehr erreichen konnte. Der Mann und seine Frau hatten sich manchmal um das Opfer gekümmert und hatten darum einen Wohnungsschlüssel. Der Bekannte fand die Frau in eine Stoffbahn eingewickelt auf. Die in Tote wies insgesamt 28 Stichverletzungen auf, eine Obduktion ergab, dass die Frau verblutet war. Bei ihr wurden zahlreiche Abwehrverletzungen festgestellt. „Es lag ein sogenannter Overkill vor, eine hochemotionale Tat, bei der ausgeprägtes Wut- oder Hassgefühl eine Rolle gespielt haben dürfte“, erklärte Voggenberger.
Die Ermittlungen in dem Fall gestalteten sich von Anfang an mühsam. Die alleinstehende Frau hatte keine nahen Angehörigen und lebte sehr zurückgezogen. Sie traf gelegentlich Bekannte auf einen Kaffee oder ging wandern, ließ aber nur ausgewählte Personen in die Wohnung. Auch auf ihrem Handy fanden sich kaum Kontakte. „Wir haben alle bekannten Bezugspersonen und ihr Umfeld überprüft, es haben sich aber keine Hinweise zu einem möglichen Motiv ergeben“, sagte Voggenberger.
Beweise beseitigt
Allerdings stellte die Polizei zahlreiche Finger-, Schuh- und DNA-Spuren sicher. Die Daten wurden mit sämtlichen nationalen und internationalen Datenbanken abgeglichen - ohne Erfolg. Und was ebenfalls auffiel: Die Wohnung war vom Täter offenbar penibel gereinigt worden. „Es war augenscheinlich kein Blut zu sehen. Erst genaue Untersuchungen brachten Blutspuren zutage“, sagte der LKA-Chef. In der Wohnung fand sich auch Schmuck, ein vierstelliger Bargeldbetrag und ein Sparbuch - lediglich die Geldbörse mit Bankomatkarte und die Wohnungsschlüssel fehlten. „Wir haben darum einen Raubmord weitgehend ausgeschlossen.“
Weil die Ermittlungen ins Stocken gerieten, wurde in Absprache mit der Staatsanwaltschaft der Kriminalpsychologe Müller hinzugezogen. Dieser sah sich den Tatort und die Ermittlungsergebnisse gemeinsam mit den Ermittlern an. „Und er kam zu der Einschätzung, den Täter nicht zwingend im persönlichen, aber doch im örtlichen Umfeld des Opfers zu suchen“, betonte Staatsanwalt Neher am Freitag. „Der Täter muss sich extrem viel Zeit für die Reinigung des Tatorts genommen haben. Er geht das Risiko entdeckt zu werden nur ein, wenn er sich sicher fühlt. Es spricht sehr viel dafür, dass er über die Gepflogenheiten des Opfers Bescheid wusste, dass er sich auskannte, dass er keine Angst vor einer Entdeckung hatte.“
Die Ermittler gehen unter anderem aufgrund der Handydaten des Opfers davon aus, dass die Pensionistin am 27. August getötet wurde. Als Tatwaffe gilt ein Messer, die Waffe konnte aber noch nicht gefunden werden. Zuletzt hatte die Polizei am 25. August einen öffentlichen Aufruf gestartet, der wichtige Hinweise zur Klärung des Falles bringen sollte. Sie setzten ihre Hoffnungen in die acht Meter lange und 1,5 Meter breite Stoffbahn, in der die Leiche eingewickelt war. „Die Stoffbahn vom Tatort dürfte aus dem Besitz des Täters stammen oder von ihm mitgebracht worden sein“, vermutet Voggenberger.
Der nun festgenommene 61-Jährige lebte ein Stockwerk über dem Opfer. „Wir haben ihn im Zuge der Ermittlungen schon einmal befragt. Es war aber kein Zusammenhang zwischen ihm und dem Opfer erkennbar“, so der LKA-Chef.