Das tägliche Krisen-Rezept - Heute: Marokkanischer Linseneintopf
400 g Lammfleisch würfeln und scharf anbraten. 400 g Zwiebeln, 4 Knoblauchzehen, 1 Chilischote und 50 g Ingwer hacken, gemeinsam mit 1 EL Kurkuma, 1 TL Kreuzkümmel und je TL Zimt und Muskat sowie Salz und Pfeffer drei Minuten stark mitrösten.
Mit 1 l Suppe und 500 g gewürfelten Tomaten aufgießen, 45 Minuten köcheln lassen. Je 400 g Kichererbsen und rote Linsen aus der Dose zugeben, mitkochen.
Den Saft im Eintopf mit dem Pürierstab vorsichtig etwas sämiger machen. Mit Zitrone abschmecken.
Das Gericht ist die Variation einer Harira. Gegessen wird sie von Muslimen zum Fastenbrechen im Ramadan – der gestern begann. Oft geht nicht nur die sprichwörtliche Liebe, sondern auch Völkerverständigung durch den Magen. Versuchen Sie es.
Während der Corona-Krise veröffentlicht der KURIER das tägliche Krisen-Rezept. Senden auch Sie uns Ihre Ideen und Vorschläge an christoph.schwarz@kurier.at
Gestern am Abend war sie plötzlich da. Die unbändige Lust auf – Wurstsalat.
Die letzte Erinnerung dran datiert auf die eigene Jugend. Zu essen gab es ihn oft in alten Freibädern, in denen man sich auf den verwitterten Holzpritschen immer einen Schiefer eingezogen hat. (Zur Erklärung für die jüngeren Leser: Damals durfte man noch ins Freibad – in Gruppen, und sogar ins Wasser.)
Eine Marinade rühren aus gehackten Zwiebeln, einem Klecks Senf, Salz, Pfeffer, etwas Zucker, Essig. Paprika und Tomaten würfeln, Mais dazu. Ein Stück Gouda und Knacker in Streifen schneiden. Alles vermengen, Öl drüber.
So hat ihn die Mama immer gemacht. Die durfte man damals auch noch sehen. Irgendwie ein sehr trauriges Essen, so ein Wurstsalat.
Einige Lokale bleiben für immer zu. Das Gulaschmuseum in der Wiener Innenstadt ist eines der ersten, das schon die ewige Sperrstund’ ausgerufen hat. Zeit für Solidaritätsgulasch, über dessen Zubereitung sich vortrefflich streiten lässt.
1 kg Zwiebel langsam (!) braun rösten. 4 EL Paprikapulver und 1 EL Tomatenmark kurz mitschwitzen, mit Essig und 700 ml Suppe ablöschen. Überlegen, ob die Zwiebeln fein passiert werden sollen (Ja). 1 kg Wadschinken (Debattenoption: Schulter) würfeln. Diskutieren, ob das Fleisch am Weg ins Gulasch angebraten werden soll (Ja). Salz, Pfeffer, Majoran dazu. (Kümmel?)
Circa 3 Stunden dünsten, bis das Fleisch kernig weich ist. Konsistenz mit Mehl korrigieren, wenn Sie sich trauen. Genießen Sie den Beilagenstreit.
Der Koch im Gulaschmuseum hatte es auch nicht leicht.
Die Bars bleiben zu. Und weltweit schnellen die Absatzzahlen von Alkohol in die Höhe. Wo es keinen zu kaufen gibt, da blüht der Schwarzmarkt. Der Einstieg in das lukrative Geschäft ist gar nicht schwierig, sofern man ein gut sortiertes Gewürzregal hat.
2 TL Wacholder, je 1 TL Koriandersaat und Pfefferkörner, 2 Kardamomkapseln und 1 Stück Zimt ohne Fett in der Pfanne rösten, abkühlen lassen. Mit der Schale von 1 Zitrone und 1 Limette, 10 g Ingwer, Lorbeer und 1 getrockneten Chilischote in ein Schraubglas. 750 ml Wodka dazu, zwölf Stunden stehen lassen, abseihen.
Fertig ist der hausgemachte Gin.
Mit Limette, Rohrzucker, Eis wird daraus ein Gin-Caipirinha. Caipirinha wurde als Mittel gegen die Spanische Grippe erfunden. Hilft nicht. Schmeckt aber.
Isolation lässt uns mitunter eigentümlich werden. Anders ist es kaum zu erklären, dass die „Österreichischen Gärtner“ jetzt Don Pepino zum Gemüse des Jahres gewählt haben.
Don Pepino heißt eigentlich nur Pepino – oder Melonenbirne oder Birnenmelone, da ist sich niemand ganz sicher. Es schmeckt nach – Sie ahnen es! – Birne und Melone. Und wäre vielleicht lieber Obst des Jahres geworden.
Gegessen wird es im Obstsalat. Ein Tipp für alle, die zufällig gerade kein Pepino haben: Schneiden Sie Melone und Birne in den Salat. Das Ergebnis ist ähnlich.
Übrigens: Das „Don“ haben die Gärtnern nur wegen der herrlichen Wortwitze dazuerfunden. Kostprobe? „Der Gemüsepate mit Geschmack“ oder „Die kriminell gute Birnenmelone“.
Isolation lässt uns mitunter eigentümlich werden.
Bald könnte uns ein spannendes Sozialexperiment bevorstehen. Dann nämlich, wenn der deutsche Lieblingsnachbar auf Sommerfrische kommt – der Österreicher aber kaum die Chance hat, ihm durch eigenes Urlauben aus dem Weg zu gehen.
Um dennoch Ferienstimmung aufkommen zu lassen, könnten Sie jetzt schon überlegen, in welches Land Sie dieses Jahr nicht reisen dürfen.
Griechische Küche bietet sich zum Nachkochen an: Melanzani dünn schneiden, salzen und stehen lassen. Das entzieht ihnen Wasser. Gut abtupfen, in Mehl wenden, in Öl frittieren. Es spritzt, sprudelt und dauert, bis die Scheiben braun sind. Auf dem Teller salzen, Zitrone drüber, griechisches Joghurt dazu.
Perfekt schmeckt’s nachweislich bei Köchin Tsambika am Dorfplatz von Psinthos auf Rhodos. Auf dem Balkon ist es auch okay. Versprochen.
Die wahren Krisen spielen sich im Kleinen ab, auch das lernen wir in Isolation. Da wäre etwa der Streit um die Schweinsbratenbeilage: In der Knödelfrage ist das Land gespalten.
„Erdäpfelknödel“, sagt die Niederösterreicherin. Der Einwand, dass die im Volksmund Gummiknödel heißen, hilft da wenig.
Rezepte gibt es ungefähr so viele wie Niederösterreicher selbst. Im bekannten Nikolaihof in der Wachau nimmt man 1 Kilo kalte Erdäpfel, 100 g Grieß, 300 g Erdäpfelmehl und Salz. Die Erdäpfel reiben, Zutaten vermengen, in Salzwasser 20 Minuten leicht kochen lassen.
Gelungen ist der Knödel, wenn man ihn über sieben Dächer wirft und er wieder zurückkommt. Sagt man.
Oberösterreicher wissen, dass Serviettenknödel die einzig korrekte Beilage sind.
Für Filmfans sieht es weiter trist aus. Bleibt nur, sich Kinoatmosphäre nach Hause zu holen. Am besten geht das – wissenschaftlich erwiesen – mit Mais.
Popcorn ist mit 63,9 Prozent der beliebteste Kino-Snack der Österreicher. Das ist dem (sicher höchst seriösen) „Cinema Report 2017“ zu entnehmen.
Zuhause braucht es nur einen weiten Topf mit Deckel, Öl, Popcornmais und Salz. Öl und Maiskörner in den kalten Topf (pro EL Mais einen EL Öl), Herdplatte auf Maximalstufe schalten.
Sobald die ersten Körner poppen, die Temperatur reduzieren, den Topf schütteln. Ist einige Sekunden kein Geräusch zu hören, ist das Popcorn fertig.
Popcorn ist historisch gesehen übrigens ein Krisengewinnler. Seinen Aufstieg feierte es in der Weltwirtschaftskrise der 1920er-Jahre. Die ältesten Puffmaiskörner fand man bei Ausgrabungen, sie sind 4.000 Jahre alt. Manchem Kübel Kino-Popcorn schmeckt man das auch an.
Ob der gemeine Wiener (oder sonst irgendjemand) den Burgenländern in Corona-Zeiten noch den Neusiedler See wegbaden darf oder nicht, erhitzt derzeit die Gemüter.
Da ist es Zeit für burgenländische Krisen-Küche. Einzige Hürde: Die rasche Internetrecherche zeigt, dass es echt burgenländische Gerichte offenbar gar nicht gibt. Zumindest keine, die nicht klingen, als habe man sie eben mal Viktor Orbán aus dem ungarischen Nationalkochbuch geklaut. (Und für Orbán wollen wir an dieser Stelle wirklich keine Werbung machen.)
Wikipedia schlägt kurzerhand eine pannonische Knoblauchsuppe vor. Einige Knoblauchzehen in Schmalz anrösten, mit etwas Weißwein und mit Suppe ablöschen. Separat eine Einbrenn aus Mehl und Butter machen, die Suppe damit binden. Zum „Verfeinern“ kann Schlagobers dazu.
Tipp für den Landeshauptmann: Regelmäßiger Verzehr hält ebenfalls Gäste fern.
Der Spargel ist ja das Krisengemüse schlechthin. Er steckt selbst bis zum Hals in der Krise. Für die Ernte fehlen die ausländischen Billig-Saisonarbeiter. Als Deutschland mehrere Tausend Erntehelfer einfliegen ließ, wurde er sogar zum Politikum. „Die Würde des Spargels ist unantastbar“, höhnte es auf Social Media.
Gänzlich unpolitisch ist er mit Sauce Hollandaise. Wichtig ist, dass die Sauce selbst gemacht ist. Den weißen Spargel zurechtputzen und – je nach Durchmesser – zirka 25 Minuten bedeckt in Salzwasser sieden. Eine Prise Zucker und eine Semmel mitkochen, die nimmt die Bitterstoffe.
200 g Butter schmelzen und auf 40 Grad erwärmen. Zwei Eidotter mit Salz, etwas Zitronensaft und 2 EL Suppe (notfalls reicht Wasser) über Dampf schaumig schlagen. Butter unter ständigem Schlagen langsam einfließen lassen, bis die Sauce sämig ist.
Sehr würdevoll.
Je weiter Ostern in die Vergangenheit rückt, desto kreativer wollen kulinarische Überbleibsel verwertet sein: Gefärbte Eier etwa lassen sich hervorragend in Faschiertem Braten verstecken, der so zum Stephanie-Braten wird.
700 g Faschiertes (gemischt) mit Zwiebel (farblos anschwitzen), Semmel (in Milch eingeweicht, ausgedrückt, fein gehackt), zwei Dotter, Senf, Salz, Pfeffer vermengen.
Zum Striezel formen, eine Grube bilden, Eier (geschält!) darin platzieren. Braten mit nasser Hand glatt streichen. Mit Bauchspeck belegen. Mit Butter und etwas Suppe bei 180 Grad (Ober-/ Unterhitze) für 45 Minuten ins Rohr. (Übergießen nicht vergessen!)
Namensgeberin ist übrigens Stephanie von Belgien, Frau von Kronprinz Rudolf. Und: Mit Ostern hat der Braten ursprünglich nichts zu tun, aber mit Weihnachten – als Arme-Leute-Essen am Stefanitag.
Egal, ob Sie gehamstert haben oder nicht: Zweierlei haben Sie sicher im Kühlschrank – Schinken und Eier. Die Eier halten noch mindestens zwei Wochen.
Daher zuerst weg mit dem Schinken! Würfeln und mit Zwiebel kräftig anbraten. Wer allein in Isolation ist, kann Knoblauch (kurz) mitrösten. Nudeln bissfest kochen – perfekt sind Fleckerl und Hörnchen; eigentlich geht alles außer Spaghetti. Nudeln kurz mitbraten, mit Petersilie, Salz, Pfeffer und einem ordentlichen Klecks Sauerrahm finalisieren.
Und was ist jetzt mit den harten Eiern? Die machen wir russisch. Dotter mit Mayonnaise, Senf, Paprikapulver, Salz, Pfeffer und (wer’s mag) gehackten Kapern und Sardellen abrühren. Zurück ins halbierte Eiweiß!
Das russisch-orthodoxe Osterfest findet am Sonntag statt.
Wer urlauben muss wie einst in den 70er-Jahren – Fernreisen sind dieses Jahr abgesagt! –, der kann auch ohne Scham essen wie in den 70ern.
So wird der Osterschinken rasch zur Schinkenrolle mit französischem Salat: 200 g Mischgemüsewürfel (für das echte 70er-Gefühl unbedingt Tiefkühlware nehmen) mit 3 EL Mayonnaise, etwas Sauerrahm, Senf, Salz, Pfeffer und Worcestershiresoße mischen.
Den Schinken dünn schneiden, auf eine Klarsichtfolie legen, füllen und mithilfe der Folie einrollen. Sie können die Rolle auch mit Aspik (Gelatine in kaltem Wasser einweichen, dann in Suppe auflösen) überziehen. Das entweiht den Osterschinken aber endgültig.
Mit Berechnungen zur Kochzeit von harten Eiern verhält es sich ähnlich wie mit jenen zu Corona: Beide sind eine Wissenschaft – und ganz genau lässt sich das Ergebnis trotzdem nie vorhersagen.
Online finden Sie sogar Kochzeit-Rechner, in der Parameter wie Gewicht, Temperatur (gekühlt oder zimmerwarm?), Meereshöhe (ja, wirklich) abgefragt werden.
Ein Beispiel als Leserservice: Auf dem Wiener Stephansplatz (171 Meter Seehöhe) ein 62-Gramm-Ei mit der Ausgangstemperatur von 22 Grad „eher hart“ zu kochen, dauert 8 Minuten und 4 Sekunden.
Und jetzt für alle, die ihr Ei nicht am Stephansplatz kochen: 7 bis 9 Minuten: Der Dotter bleibt wachsweich. Bis 11 Minuten hat er einen weichen Kern. Nach 15 Minuten ist er hart. Länger: Der Dotter ist unansehnlich grün. Pfui.
Blattspinat ist ja perfekt für die Selbstisolation. Nicht nur, weil er so eisenhaltig ist. (Das stimmt gar nicht!) Sondern, weil er sogar auf tristen Innenstadt-Fensterbrettern einfach selbst zu züchten sein soll.
Wie aber wird Blatt- zum Cremespinat? Für vier Personen ein Kilo Blattspinat – hoffentlich haben Sie viele Fensterbretter – blanchieren und passieren. Aus je 25 Gramm Butter und Mehl eine Einbrenn machen – mit Muskat, Salz, Pfeffer würzen, mit Suppe aufgießen. Mit dem Spinat aufkochen. Abrunden mit Crème fraîche.
Paul Bocuse briet seine Spiegeleier dazu übrigens ganz langsam in zerlassener Butter – sie starten in der kalten Pfanne. Die Hühner dafür kann man auch auf dem Balkon halten, sie brauchen aber mehr Platz als der Spinat. Hühnerställe gibt es im Baumarkt. Ab Dienstag wieder.