Chronik/Oberösterreich

„Wir finden schön, was wir auf Bildern sehen“

Was bringt Frauen dazu, sich ihre Vulvalippen oder Labien, wie der Fachausdruck lautet, chirurgisch korrigieren zu lassen? Genitaloperationen sind wohl das letzte Tabu der modernen Schönheitschirurgie, die Nachfrage nach Straffungen und Vagina-Verjüngungen ist da und sogar tendenziell leicht steigend, erklärt Georg Huemer. Er ist Schönheitschirurg mit Praxen in Linz und Wels, und außerdem leitender Arzt für den Bereich Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie am Kepleruniklinikum in Linz.

50 OPs pro Jahr

„Bei einigen Frauen gibt es ausgeprägte Befunde, sie leiden unter ihren Schamlippen, haben Schmerzen etwa beim Radfahren, beim Reiten oder beim Geschlechtsverkehr.“ Das Durchschnittsalter der Patientinnen liege zwischen 20 und 40 Jahren. Das optische Ziel der Operationen sei, „dass man im Stehen nichts mehr sieht, also dass die äußeren Schamlippen bündig abschließen“, erklärt Huemer. 40 bis 50 dieser OPs führe er pro Jahr durch. Abgesehen von Vulvalippen-Korrekturen bietet Huemer auch Vaginalverjüngungen an. Das Gesamtpaket kostet zwischen 3.000 und 5.000 Euro.

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„Was wir schön finden, hängt stark davon ab, welche Bilder wir präsentiert bekommen“, bringt es Karin Mühlwasser, Sexual- und Sozialpädagogin, auf den Punkt: „Das beginnt schon sehr früh, beim Aufklärungsunterricht in der Schule, wo die Vulva meist nur als Strich dargestellt wird, wo das weibliche Genital manchmal nicht korrekt abgebildet ist. Weiter geht es in der Pornografie, in der großteils symmetrische, haarlose Vulven zu sehen sind. Dabei ist die weibliche Sexualität etwas so Lust- und Kraftvolles. Nur heutzutage wird suggeriert, dass man alles zurechtschneiden und zurechttrimmen müsste.“

Bedürfnisse

Sie lehne Schönheitsoperationen nicht prinzipiell ab, aber wenn Frauen als Grund für einen chirurgischen Eingriff angeben, dass sie sich nicht wohlfühlen, finde sie das bedenklich: „Dieses Unwohlsein beinhaltet immer Vergleiche und dass wir uns in den gezeigten Bildern unserer Gesellschaft nicht repräsentiert fühlen. Man muss sich die Frage stellen: Was erwarte ich mir von einer Schönheits-OP? Selbstsicherheit? Geliebt zu werden für meine Attraktivität? Eine lustvollere Sexualität? Es ist immer mit bestimmten Bedürfnissen verbunden, wenn man sich einen gesunden Körperteil operieren lässt.“

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Das bestätigt auch Schönheitschirurg Georg Huemer: „Natürlich geht es um Vergleiche. Aber es ist ein Klischee, dass Frauen diese Eingriffe für ihre Partner machen. Die meisten geben an, es für sich selbst zu tun. Auch den Bezug zur Pornografie kann ich aus meiner fachlichen Erfahrung nicht herstellen. Es ist noch nie eine Frau gekommen und hat gesagt, sie möchte so ausschauen wie Pornodarstellerin XY.“

Große Vielfalt

Der Trend gehe dahin, dass man offener mit seinem Körper und auch mit OPs umgehe, so der Mediziner.

„Es wäre schön, wenn der Trend dahin gehen würde, dass Mädchen und Frauen die Vielfalt der weiblichen Genitalien präsentiert bekommen. Dann wird nämlich schnell klar, dass eine sehr große Bandbreite gibt, wie eine Vulva aussehen kann“, kontert Sexualpädagogin Mühlwasser. Genau das bezwecken auch die Verantwortlichen des Frauenforums Salzkammergut mit der Ausstellung „A Vulva is a Vulva“ in Ebensee. In der Schau sind rund 200 Gipsabdrücke von Vulven zu sehen, die die Wiener Künstlerin Gloria Dimmel angefertigt hat (bis 8. 3.).

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Sprache schafft Wirklichkeit

Benennung. Wenn es um die Benennung der weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane geht, kursieren die wildesten Begriffe. Dabei sind sich alle Experten einig: Vor allem für Kinder ist es wichtig, ihre Körperteile korrekt benennen zu können. Bei Buben und Männern ist das einfach: „Penis“ als Begriff löst keine Diskussion aus.

Anders sieht es da bei Frauen aus. Hier gilt es zu hinterfragen, woher die verwendeten Begriffe stammen: Das Wort „Scheide“ bedeutet  nichts anderes als „Behälter für eine Klinge.“  Ähnlich verhält es sich mit „Scham“ und „Schamlippen“ – Bezeichnungen, die mittlerweile als veraltet gelten, weil sich Frauen nicht für ihren Körper schämen müssen.

Aktuell setzen  sich die  Begriffe „Vulva“ (bezeichnet die äußeren, sichtbaren Geschlechtsteile)  und Vagina (verbindet die Vulva mit dem Muttermund und der Gebärmutter) durch.
„Prinzipiell geht es aber darum, dass Mädchen und Frauen viele mögliche Begriffe haben, mit denen sie sich wohlfühlen und die sich aussprechen trauen“, sagt Sexualpädagogin Karin Mühlwasser.