Chronik/Oberösterreich

Von Beruf „Goldi“

„Bist du deppat, dös is ja g’fährlich.“ Andreas Goldberger saß der Schreck hörbar in den Knochen. Er war als Vorspringer mit Helmkamera über die Schanze gegangen, kam in der stumpfen Anlaufspur aber nicht auf Zug, konnte einen Sturz gerade noch vermeiden. Das war 2018 in Bischofshofen. Seit dem Wochenende ist Goldberger wieder als ORF-Experte im Einsatz. Vor Ort wird er aber nur bei den Bewerben in Österreich sein, ansonsten wird aus dem ORF-Studio in Wien kommentiert. „Es ist halt alles ein bisschen komisch“, sagt Goldberger. Was fehlen werde, seien die persönlichen Kontakte. „Wenn du mit den Athleten und Trainern reden kannst, bist du viel besser informiert.“ Er werde halt viel telefonieren müssen.

Authentisch

2005 hat Goldberger seine aktive Karriere beendet, seine Popularität ist nach wie vor groß. Mit „bodenständig und authentisch“ beschreibt ihn sein Manager Hans Gschwendtner. Er verstelle sich nicht, sagt Goldberger über sich. Auch seinen Innviertler Dialekt verleugnet er nicht. Er redet, wie er ist. Sein „lockeriger“ ist fast schon Kult. Er kommt aus Waldzell (Bez. Ried), wo sie ihrem „Goidi“ im Ortszentrum ein Denkmal gesetzt haben. Mittlerweile lebt er mit seiner Familie – Ehefrau Astrid, Alexander (4) und Tobias (3) – in St. Lorenz bei Mondsee. Heuer sei er ungewohnt viel zu Hause gewesen und habe viel Zeit für die Kinder gehabt. „Dazu sind sie ja da, sonst könnte man sich auch einen Hund zulegen.“

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Er kenne keinen, sagt Gschwendtner, „der das Skispringen so lebt wie er“. Zur fachlichen Kompetenz komme seine sympathische Art. Deshalb sei er nicht nur als Experte, sondern auch als Werbeträger und Referent gefragt. Eines seiner Themen lautet „Lebensschule Sport“. Wichtig sei, sich Ziele zu setzen, einen Plan zu haben und diesen konsequent zu verfolgen. Für den kleinen Andi war früh klar, was er einmal werden möchte: Olympiasieger. Dazu hat es zwar nicht ganz gereicht, immerhin gewann er 1994 Bronze im Einzelspringen und im Team. Dazu kamen zwei WM-Titel und 20 Weltcupsiege. Dreimal gewann er den Gesamtweltcup, zweimal die Vierschanzentournee. Und als Erster überflog er die 200-Meter-Marke.

Komplexer Sport

In seiner Erfahrung sieht Goldberger seine Stärke als Co-Kommentator: „Du weißt, wie leicht das Skispringen gehen und wie schwierig es sein kann.“ Es sei ein überaus komplexer Sport, bei dem viele Komponenten zusammenspielen müssten. Das wolle er den Zuschauern vermitteln. Skifahren oder Tennis könne man selbst ausüben und deshalb besser verstehen. Fußball sowieso. Skispringen sei hingegen kein Breitensport, der jedoch eine besondere Faszination ausübe. „Weil es einfach ein Menschheitstraum ist, zu fliegen.“ Angesichts Corona sei eine Saisonprognose schwierig, sagt Goldberger. „Schauen wir einmal, wie weit wir überhaupt kommen.“ Von den Österreichern erwartet er einiges. „Wenn sie gut springen, ist alles lustiger. Wenn es nicht so gut läuft, verteidige ich sie trotzdem.“ Kritik dürfe nicht verletzen und schon gar nicht beleidigend sein, müsse immer sachlich bleiben. Und worauf er achte: „Dass man viel weiß, aber nicht alles sagen muss.“

In zwei Jahren 50

Im übernächsten Jahr wird Goldberger 50. Das Spitzbübische hat er sich bewahrt. So einem verzeihen die Menschen Fehler. Noch immer wagt er sich auf die Schanze, heuer allerdings noch nicht. Seit Monaten zwickt der Ischiasnerv. Sofern rechtzeitig fit, will er sich wieder als fliegender Kameramann betätigen. Falls nicht, dann eben nächstes Jahr. „Ich bin ja noch jung.“