Chronik/Oberösterreich

Lebensmittel: Genießen statt vernichten

Die Karotte ist zu krumm? Weg damit! Der Apfel hat Schönheitsfehler an der Schale? Kauft keiner mehr. Obst und Gemüse, das nicht der Norm und dem gängigen Ideal entspricht, schafft es in den meisten Fällen gar nicht in den Supermarkt, sondern wird in Biogasanlagen verbrannt oder anders entsorgt: „Dabei handelt es sich zum Beispiel um eine Karotte in bester Bio-Qualität, ein voll genießbares Lebensmittel. Das ist absurd und hat uns zum Handeln angestiftet.“ Zu groß, zu klein, zu dick, zu dünn, zu schief oder zu gerade – bei Obst und Gemüse sind das oft jene Attribute, nach denen aussortiert wird.

Bernhard Bocksrucker hat im August 2020 gemeinsam mit Simon Scheutz, Maximilian Welzenbach und Lukas Forsthuber das Start-up „afreshed“ gegründet. Die Mission: Lebensmittel vor der Vernichtung zu bewahren und sie in sogenannten „Retterboxen“ an Genussmenschen auszuliefern.

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Diese Woche ging die erste, entscheidende Phase über die Bühne. Mehr als 200 Abos konnten die vier Jungunternehmer bereits abschließen, die Boxen kamen nun erstmals zu den Kundinnen und Kunden. „Die Nachfrage ist derzeit enorm. Und alleine mit dieser ersten Lieferung konnten wir rund eine halbe Tonne Lebensmittel retten“, sagt Bocksrucker.

Vor die Haustüre

Für Interessierte: Auf www.afreshed.at kann man sich für ein Abo anmelden, die Retterbox kommt dann alle zwei Wochen mit vier bis fünf Kilo frischem Obst und Gemüse direkt an die Haustüre. Kostenpunkt: 19,99 €, das Abo ist jederzeit kündbar. „Wir bemühen uns um Abwechslung beim Inhalt der Boxen, versuchen mindestens drei, vier, fünf verschiedene Sorten einzupacken. Aber prinzipiell gibt es das, was es halt gerade gibt.“

Soziale, nachhaltige Firma

Was einfach klingt, ist im Hintergrund eine komplexe Sache: Es gilt ein Logistiknetzwerk aufzubauen, Bauern und Großhändler für die Zusammenarbeit zu finden, daneben Zahlen aller Art zu schaukeln. „Wir sind Studenten und machen das derzeit in echter Start-up-Manier alles ohne Gehalt.“ Finanziert wird das Jungunternehmen von Investoren, die an die Idee und die Menschen dahinter glauben. „Ziel ist es aber sehr wohl, afreshed als soziale, nachhaltige Firma zu etablieren und Arbeitgeber für einige Angestellte in der Region zu werden,“ sagt Bocksrucker.

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Neben der Qualität der Lebensmittel wird auch auf einen klimaneutralen Versand geachtet und pro Lieferung ein Baum gepflanzt. Das bedeutet, dass man mit einem Abo jährlich bis zu 24 Bäume pflanzen und über 120 kg Lebensmittel retten kann. Die Bauern, denen die afreshed-Unternehmer das Obst und Gemüse abkaufen, bekommen übrigens fast den üblichen Marktpreis für ihre Produkte bezahlt, die sonst im Müll landen würden. „Das gehört für uns zum Gesamtkonzept dazu, dass wir einen fairen Preis bieten“, sagt Bocksrucker, und: „Menschen sollen gute Nahrungsmittel wertschätzen. Wegschmeißen oder vernichten ist ganz sicher nicht der richtige Weg.“

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Lebensmittel um 300 Euro landen jährlich im Müll

Fakten & Tipps. Ein oberösterreichischer Haushalt wirft jährlich rund 40 kg an Lebensmitteln in den Abfall, das sind Lebensmittel im Wert von rund 300 €. Ein Drittel der Lebensmittel werden originalverpackt bzw. unangetastet, also im Kaufzustand, entsorgt. Die Hälfte der Lebensmittelabfälle besteht aus angebrochenen Verpackungen und Produkten. Bei einem Siebtel handelt es sich um Speisereste.

Betrachtet man österreichische Haushalte, so gelten mehr als die Hälfte aller Lebensmittelabfälle als vermeidbar. Dabei verursachen private Haushalte den größten Anteil an Lebensmittelabfällen. Rund 41 Prozent der Lebensmittel werden  weggeworfen, einfach weil zu viel davon gekauft wurde.
Richtig einkaufen und richtig lagern, lauten die beiden Hinweise der Umweltprofis von den oö. Bezirksabfallverbänden. Auf www.umweltprofis.at gibt es jede Menge Tipps und Infos für den nachhaltigen Lebensmitteleinkauf und eine sinnvolle Lagerung, zum Beispiel: Vor dem Einkauf die Vorräte daheim überprüfen und nicht hungrig einkaufen gehen.