Chronik/Oberösterreich

Keine Angst vor dem F-Wort

Diesen einen Feminismus, auf den sich alle einigen können, gibt es nicht. Deswegen lautet ein Untertitel der neuen Ausstellung „What the Fem*?“ im Linzer Nordico auch „under de/construction“ – unter ständiger Bearbeitung.

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Seit Freitag ist die Schau zu sehen und liefert das ab, was unsere Gesellschaft dringend braucht: Eine fundierte Aufarbeitung der feministischen Bewegungen und ihre jeweiligen Errungenschaften. Nicht nur heute, schon vor Jahrhunderten und Jahrzehnten gingen Frauen auf die Straße, um ihre Anliegen sichtbar zu machen, etwa beim Frauentag 1951 in Linz.

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Außerdem gibt es in der Ausstellung hochaktuelle Zugänge, wie eine Arbeit der iranisch-stämmigen Künstlerin Ahoo Maher, ein Raum, der sich mit verschiedenen Körperbildern auseinandersetzt, und dazwischen immer wieder ganz viel Schmäh.

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Feminismus ist ernstzunehmen, das bedeutet aber nicht, dass die Anliegen nicht mit Witz und einem Augenzwinkern präsentiert werden können. Die Schriftstellerin Stefanie Sargnagel und die Künstlerin Coco Wasabi sind diesbezüglich Meisterinnen und zeigen das im Nordico sehr eindrücklich.

Mitmachen

„Wir sind sehr gespannt, wie sich die Ausstellung entwickeln wird, es gibt nämlich sehr viele interaktive, partizipative Elemente, es ist ein museales Experiment“, erklärt Kuratorin Klaudia Kreslehner. Dabei sei es oberstes Ziel, alle Interessierten mitzunehmen.

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Wer also mag, wirft sich, auch ohne großes Vorwissen, einfach mit viel Neugier in die Materie und wird im Rahmen des Rundgangs gut durch die verschiedenen Ansätze und Perspektiven des Feminismus geleitet. 50 Künstlerinnen und Künstler sind in der Ausstellung vertreten, darunter VALIE EXPORT, Jakob Lena Knebl und Maria Lassnig.

Begleitend zur Schau gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Gesprächen und Workshops.

www.nordico.at

"Was bedeutet für Sie Feminismus?"

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Martina Mara, Professorin für Roboterpsychologie

Feminismus heißt für mich, sich dafür einzusetzen, dass niemand aufgrund des Geschlechts Nachteile erfährt. Natürlich bezeichne ich mich selbst als Feministin. In meinem eigenen Wirkungsbereich sehe ich genug Schieflagen: Wenn Mädchen immer noch häufig gesagt wird, dass technische Fächer nichts für sie seien. Wenn nur jedes 14. Patent im Informations- und Kommunikationstechnik-Bereich von einer Frau erworben wird.

Blöde Sprüche
Wenn künstlich intelligente Assistenzsysteme, die auf Zuruf Wünsche erfüllen, mit weiblichen Namen und Stimmen versehen werden.  Persönliche Erlebnisse: Bei Meetings für die Assistentin eines männlichen Kollegen gehalten zu werden. Blöde Sprüche über Aussehen oder Outfit. Sich doppelt und dreifach als Expertin beweisen zu müssen, während bei Männern per se von hoher Kompetenz ausgegangen wird.

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Stefanie Christina Huber, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse OÖ
Feminismus ist für mich ein breit gefächerter Begriff, den wohl jede Frau für sich anders definiert. Für mich bedeutet er, mir als Frau das Leben bewusst gestalten zu können – angefangen bei der Schulausbildung über Familienplanung und Finanzen bis hin zur Pension. Er bedeutet, sich von alten Rollenbildern zu lösen.

Viel erreicht
Wenn ich in andere Länder blicke, haben wir Frauen in Österreich viel erreicht. Um so weit zu kommen, mussten Generationen von Frauen hart kämpfen. Ich sehe auch die Finanzbildung als wichtigen Teil eines unabhängigen, finanziell gesunden Lebens einer jeden Frau.  Seit meiner Kindheit haben mir meine Eltern einen gleichberechtigten, respektvollen Umgang zwischen den Geschlechtern beigebracht und vorgelebt. Diese Prägung begleitet mich bis heute.  An eine Diskriminierung, weil ich eine Frau bin, kann ich mich nicht erinnern.

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Adelheid Kastner, Gerichtspsychiaterin
Feminismus ist  das Streben nach rechtlich abgesicherter und gelebter Gleichwertigkeit, Gleichstellung und Gleichbehandlung von Frauen und Männern. In dieser Definition ist Feminismus natürlich auch mir ein Anliegen (und müsste es für jede denkende Frau sein). Formal ist diese Gleichwertigkeit über weite Strecken verankert, gelebt wird sie bei Weitem nicht überall.

Übergriffe
An  Diskriminierung kann ich mich nur aus meiner Ausbildungszeit erinnern, wo Oberärzte   Turnusärztinnen mitgeteilt haben, dass Frauen im Spital nur in der Pflege brauchbar seien, sonst heimgehen, Kinder kriegen und kochen sollten. Was ich  erlebt habe, waren Übergriffe von  Männern, etwa  alleine im Lift mit dem Primar, der mir plötzlich wortlos  an die Brüste fasste und beim nächsten Stockwerk ebenso wortlos ausstieg. Wem hätte man damals geglaubt, der Studentin oder dem Primar?

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Brigitte Hütter, Rektorin Kunstuni Linz
Ich sehe mich als Feministin. Feminismus meint die  Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Menschen unterschiedlichen Geschlechts – weiblich, männlich und divers. Basis dieser Gleichberechtigung ist die Abschaffung von Diskriminierungen und unsachlichen Differenzierungen. Der Feminismus in seiner ureigensten Form hat viel erreicht, politisch rückwärtsgewandte Kräfte gefährden die Umbrüche.

„Erstaunlich entspannt“
Die Selbstbestimmung wird  auch mitten in Europa, etwa durch rigide Abtreibungsregelungen, bedroht. Ein anderes wichtiges Thema: Bis heute ist die Väter-Karenz vom guten Willen der Arbeitgeber abhängig. Natürlich kenne ich diskriminierende Aussagen, zum Beispiel: „Sie sind ja erstaunlich entspannt für eine Frau in Ihrer Position“ – so  als seien Frauen ab einer bestimmten Karrierestufe besonders verbissen und ungenießbar.

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Maria Katharina Moser, Diakonie-Direktorin
Ich bezeichne mich  als Feministin. Feminismus heißt für mich nicht, Frauen wollen auch ein Stück vom Kuchen, sondern wir wollen einen anderen Kuchen.  Dazu gehört überlegt: Wie soll unser  Zusammenleben ausschauen? Dazu gehört die Neubewertung der Sorge-Arbeit, sowohl der unbezahlt geleisteten Hausarbeit als auch der bezahlt geleisteten Pflege und Betreuung.

Unbezahlte Arbeit
Stellen wir uns vor, Frauen würden aufhören zu kochen, zu putzen, Kinder zu erziehen, Alte und Kranke zu pflegen! Die wichtigsten Errungenschaften des Feminismus sind das Wahlrecht, die Familienrechtsreform und das Gewaltschutzgesetz. Ich bin katholisch aufgewachsen und wollte   Ministrantin werden. Mädchen durften das damals  nicht. Für mich als Kind war das völlig unverständlich. Das hat mich – bereits im zarten Alter von acht Jahren  – zur Feministin gemacht.