Gastro-Öffnung in St. Pölten: Volles Haus im "La Ciccia"
Von Volontär Chronik
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Als die Gastronomie am Mittwoch nach mehr als einem halben Jahr wieder ihre Türen öffnete, scharrte der Italiener Oscar Martinello schon längst in den Startlöchern. In den vergangenen Wochen hatte der Wirt Artischocken eingelegt, neue Produkte aus Italien eingekauft und die Menükarte erneuert. Für die Wiedereröffnung sollte alles perfekt sein – immerhin hatten sich schon vorab zahlreiche Freunde der italienischen Küche angekündigt. Und tatsächlich waren dann am Mittwoch im „La Ciccia“ alle Tische besetzt. „Wir waren komplett ausgebucht!“, freut sich der Wirt.
Familie extra aus Padua angereist
Während die Gäste auf den ersten Restaurantbesuch des Jahres anstießen, schlummerte eine Tür weiter noch eine kleine Baustelle: Denn im hinteren Teil des Lokals laufen die Vorbereitungen für den bevorstehenden Sommer weiter auf Hochtouren. Martinellos Familie ist aus Padua angereist, um mitanzupacken: Papa Gigi verlegt tagsüber Kabel in einem Raum mit noch nackten Wänden und unverputzten Türstöcken.
Verkostung von Olivenöl und Wein
Von der Idee, hier einen Eissalon zu errichten, war Oscar Martinello recht spontan abgewichen – Olivenöl und Wein sollte es stattdessen geben. Zur Verkostung und zum Verkauf, für Restaurantgäste oder Laufkundschaft.
Dem Italiener Oscar Martinello kommt nur die feinste Ware ins Haus. Die Weinkarte hat er während des Lockdowns auf 80 handerlesene und teilweise sehr seltene italienische Sorten verdoppelt: „Wir haben zum Beispiel einen Weißwein von der Isola di Gorgona, einer kleinen, der Toskana vorgelagerten Insel. Davon haben wir aber nur sieben Flaschen – und mehr bekommen wir auch nicht“, sagt Martinello.
Das Olivenöl kommt aus der Region rund um den Gardasee. Der Gastronom hatte die Olivenbauern vor etwa zwei Wochen durch Zufall kennengelernt, als er mit seiner Mutter im Auto unterwegs war, um andere Produzenten zu besuchen und Ware einzukaufen: „Wir sind irgendwo falsch abgebogen und ich wollte schon umkehren. Meine Mama aber überredete mich, weiterzufahren. Und wie es der Zufall wollte, landeten wir auf diesem Olivenhain“, erzählt der 36-Jährige. Er kam mit den Produzenten erst ins Gespräch und später ins Geschäft.
Oscar Martinello will keine Kompromisse eingehen, nicht am Teller, nicht als Arbeitgeber und schon gar nicht bei den Lebensmitteln. Er will, dass alle glücklich sind – die Gäste, sein Personal und die Produzenten in Italien. Für sein Restaurant in St. Pölten hat Martinello seit der Eröffnung 2018 „keinen Cent“ für Werbung ausgegeben. Auch am Gebäude, der alten Zwetzbacher Mühle, ist der Restaurantname nicht sonderlich präsent angebracht.
Fleischeslust
Trotzdem sind die Tische im „La Ciccia“ heiß begehrt. An lauen Sommerabenden, wenn man im Innenhof unter den beiden Linden sitzen kann, bleiben viele Gäste bis spät in die Nacht. Dann serviert Martinello die letzte Runde, lässt das Tor offen und die Leute können bleiben, solange sie wollen. „Vor der Pandemie waren wir jeden Tag ausgebucht, auch unter der Woche“, erzählt Oscar Martinello.
Das mag an Qualität liegen, die sich herumspricht, oder aber an der Fleischeslust der St. Pöltner. Denn „Ciccia“ bedeutet übersetzt „Fleisch“ – könne sich aber auch auf menschliches Hüftgold beziehen, sagt Martinello und grinst. Das Rindfleisch, das im „La Ciccia“ auf dem Teller landet, wird aus der Toskana bezogen und stammt von der Rinderrasse Chianina, von der man sagt, sie sei die älteste Rinderrasse Italiens und zudem die größte der Welt. Und Oscar Martinello sagt, er sei der einzige Wirt in ganz Österreich, der dieses Rindfleisch direkt aus Italien importiert. „Dieses Fleisch ist sehr besonders und man schmeckt wirklich den Unterschied“, sagt er.
Geheimtipps vom italienischen Lehrmeister
Martinello kam auf Umwegen über Rumänien nach Niederösterreich, zuvor war er in Frankreich, Deutschland und verschiedenen italienischen Städten als Koch tätig gewesen. Jetzt, im „La Ciccia“, will er ein besserer Chef sein, als diejenigen, die er selbst im Laufe der Jahre hatte. Während des Lockdowns wohnten einige seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Personalwohnungen, die Mietkosten übernahm Martinello.
„Gute Mitarbeiter sind mir diese Ausgaben allemal wert“, sagt er. Und obwohl er davon 16 hat, geht der Wirt auch selbst überall zur Hand: „Ich serviere, ich putze, ich liefere Pizzen“, sagt Martinello und erzählt, dass er sich während des Lockdowns auch selbst aufs Moped schwang, um die Speisen auszuliefern. Am liebsten allerdings steht er am Herd – das hat er immerhin auch gelernt. „Ich habe in Italien als Pizzahelfer begonnen und lernte dann in einem Restaurant das Kochen“, erzählt er. Ein alter Italiener lehrte Martinello das Handwerk: „Er stand kurz vor der Pension und wollte sein Wissen weitergeben. Also gab er mir all seine Geheimtipps mit auf den Weg.“
Die daraus resultierenden Kochkünste haben sich in St. Pölten längst rumgesprochen. Wer sich selbst in nächster Zeit vom „La Ciccia“ überzeugen will, dem sei eine rechtzeitige Tischreservierung jedenfalls ans Herz gelegt.