Chronik/Niederösterreich

Mistelbach: Soldat soll Amoklauf geplant haben

Zu dem Schussattentat auf einen 19-Jährigen vor dem Bundesschulzentrum in Mistelbach wurden am Donnerstag nähere Details bekannt. Der mutmaßliche Täter, ein 18-jähriger Grundwehrdiener, dürfte nach der Attacke mit der Schnellbahn nach Wien geflohen sein. Unter der Mithilfe von Bekannten des Verdächtigen (er stammt aus dem Bezirk Mistelbach) nutzte die Polizei eine Finte, um ihn schließlich Mittwochabend in Floridsdorf verhaften zu können.

Der Jugendliche wurde über Nacht und im Laufe des Donnerstags intensiv verhört. Der festgenommene 18-Jährige sei geständig, teilte Polizeisprecher Raimund Schwaigerlehner mit. Ermittlungen zum Motiv waren im Gange.

Die Polizei ermittelt jedenfalls wegen Mordverdachts. Donnerstag Nachmittag sollte der Verdächtige in die Justizanstalt Korneuburg überstellt werden. Der Verdächtige hat von sich Fotos mit Waffen und Bundesheer-Uniform auf Facebook gepostet. Bei der Tatwaffe handelt es sich um eine sogenannte Baikal-Flinte, bestätigte am Donnerstag ein Polizei-Sprecher. Die Ermittlungen durch das Landeskriminalamt Niederösterreich ergaben, dass der Beschuldigte die Schrotflinte samt Munition Tage zuvor in einem Waffengeschäft gekauft hatte und diese Waffe auch auf ihn registriert war. 

Ob noch weiterreichende Tathandlungen geplant waren und auch die Hintergründe der Tat sind Gegenstand weiterer Ermittlungen. Derzeit bestehen keine Hinweise auf weitere Mittäter. Ein rassistischer bzw. extremistischer  Hintergrund kann nach derzeitigem Ermittlungsstand ausgeschlossen werden, heißt es bei der Polizei. Bei einer Hausdurchsuchung an der Wohnadresse des 18-Jährigen konnte eine Gaspistole aufgefunden werden.

Der 18-Jährige war als Grundwehrdiener im Februar in die Kaserne in Langenlebarn eingerückt, wo er zuletzt als Wachsoldat seinen Dienst versah. Am Tattag hatte er frei. Nach der Schussattacke veranlasste die Polizei eine Öffnung des Spindes des Soldaten in der Kaserne, um zu überprüfen, ob sich sein Sturmgewehr noch dort befand - was sich bestätigte. Laut Bundesheer-Sprecher Michael Bauer sei der Soldat unauffällig gewesen, auch bei der Stellung hätten sich keine Auffälligkeiten gezeigt, betont er gegenüber dem KURIER. Die Tat habe keinerlei Bezug zum Bundesheer

Das Opfer (es stammt aus dem Bezirk Gänserndorf) befindet sich indes auf dem Weg der Besserung, hieß es am Donnerstag. Der Jugendliche erlitt bei der Attacke mit einer Schrotflinte einen Treffer am Ohr und mehrere am Rumpf. Die Schrotkugeln sind aber nicht sehr tief eingedrungen.

Rückblende: Gespenstisch ruhig war es Mittwochnachmittag vor dem  Bundesschulzentrum in Mistelbach, Niederösterreich. Die einzigen Personen, die zum Gebäude eilten, waren Ermittler des Landeskriminalamts.

Wenige Stunden zuvor war Großalarm ausgelöst worden. Knapp vor 14 Uhr wurde unweit des Haupteingangs ein verletzter 19-Jähriger entdeckt. Der Schüler war offenbar mit einer Schrotflinte angeschossen worden. Eine Alarmfahndung blieb zunächst ergebnislos. Der mutmaßliche Täter, ein 18-jähriger Bundesheer-Soldat, wurde aber Mittwochabend in Wien geschnappt.

Erste Hinweise deuten darauf hin, dass er im Schulgebäude einen Amoklauf geplant haben soll. „Er wollte etwas Großes durchführen. Man kann von Glück sprechen, dass nicht mehr passiert ist“, sagt ein Insider zum KURIER. Was seinen perfiden Plan durchkreuzte, ist noch unklar. Die polizeilichen Ermittlungen laufen auf Hochtouren.

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Gegen 13.45 Uhr schlugen Schüler Alarm. Sie hatten den Angeschossenen im Eingangsbereich gefunden, berichtete der Direktor der HAK, Johannes Berthold, dem KURIER. Daraufhin sei sofort die Rettung verständigt worden. Der verletzte Schulkamerad wurde ins Krankenhaus gebracht, schwebt  zum Glück nicht in Lebensgefahr.

Um keine weiteren Personen zu gefährden, sind die Schüler wieder zurück in die Klassen geschickt worden. Laut Berthold war die Polizei sofort zur Stelle und sicherte die Zugänge zum Bundesschulzentrum. Unterdessen kümmerten sich die Lehrkräfte um die  besorgten Jugendlichen.

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Spurensuche

Während die Suche nach dem flüchtigen Täter lief, konnten Ermittler schon bald die Tatwaffe rund 50 Meter vom Tatort entfernt sicher stellen. Deswegen gingen die Ermittler gleich davon aus, dass es sich nicht um eine Selbstverletzung handeln kann. Kurz vor 22 Uhr kam die Meldung, dass der 18-jährige Täter in Wien-Floridsdorf geschnappt wurde. "Aufgrund intensiver Ermittlungstätigkeiten und Fahndungsmaßnahmen konnte ein 18-jähriger Tatverdächtiger gegen 21 Uhr von Bediensteten des Landeskriminalamts Niederrösterreich, des Einsatzkommandos Cobra und Bediensteten des Landeskriminalamts Wien festgenommen werden", berichtete die Polizei in einer kurzen Presseinformation. Noch in den Nachtstunden folgte die erste Einvernahme. Weitere Details wollten die Ermittler erst am Donnerstag bekannt geben.

Zuvor suchten Beamte der Mordkommission sowie der Tatortgruppe am Gelände des Bundesschulzentrums sowie am benachbarten Sportplatz nach Spuren, die weitere Hinweise zur geplanten Bluttat liefern könnten. Auch der verletzte 19-Jährige war noch am späten Nachmittag von den Ermittlern  im Spital einvernommen worden.

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In Mistelbach herrschte nach Bekanntwerden der Tat große Aufregung. Sofort wurde das Rathaus abgeriegelt, das sich nicht weit vom Schulzentrum entfernt befindet. Man habe nicht genau gewusst, ob der Schütze nicht noch weitere Attacken geplant habe, hieß es.

Betroffen zeigte sich Ortschef Alfred Pohl: „Es ist erschütternd, wenn so etwas in der eigenen Stadt passiert. Meine Gedanken sind natürlich beim Opfer. Und wir hoffen, dass der Täter schnell gefunden wird“, sagte er.

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