Fußballtrainer filmte Frauen heimlich in der Dusche: Keine Anklage
Stefan F. (Name geändert, Anm.) wirkte nicht überrascht, als am 7. November die Kripo anläutete. Die Beamten legten ihm einen Durchsuchungsbefehl vor, eine Stunde später gingen die Fahnder wieder. Sie hatten ein Notebook, Tablets, Mobiltelefone, Kameras und mehrere USB-Sticks mitgenommen.
Sechs Wochen zuvor war der 27-Jährige aufgeflogen. Er hatte in der Umkleidekabine eines Fußballvereins im nö. Mostviertel ohne dem Wissen der Spielerinnen Nacktaufnahmen gemacht. So unglaublich es klingt: Gegen das Strafgesetzbuch hat er damit nicht verstoßen. Während in Deutschland das unerlaubte Filmen bzw. Fotografieren von Personen strafbar ist, gibt es im österreichischen Strafgesetzbuch keinen derartigen Paragrafen. Heimliches Filmen ist erlaubt, wenn kein pornografischer Inhalt vorliegt (siehe Zusatzbericht). Für die Opfer ist dies ein Affront.
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Aber der Reihe nach: Stefanie Z. und Susanne S., beide 19 Jahre alt, betrieben ihr Hobby mit großer Leidenschaft. Mehrmals pro Woche fanden sie sich bei einem Fußballklub im Mostviertel ein. Training, Matches, Einsatz – sie trugen ihre Vereinsfarben mit Stolz.
„Ich will nicht mehr Fußball spielen. Dieser eine Tag hat alles verändert“, sagt S. heute. Sie befindet sich in psychologischer Betreuung.
Dabei war die Trainingseinheit am 2. Oktober eine ganz gewöhnliche, nur dass die beiden jungen Frauen etwas früher die Kraftkammer verließen, um zu duschen. Zuvor hatten sie noch mit Stefan F. geplaudert, er war ihr Co-Trainer und ihre Vertrauensperson.
Der 27-Jährige hatte seine Jacke in der Umkleidekabine hängen lassen. Nach der Körperpflege fiel der Blick von Susanne S. zufällig auf das Kleidungsstück des Coaches. „Da habe ich gesehen, dass er darunter ein Handy versteckt hatte. „Es war eingeschaltet und hatte uns gefilmt, als wir nackt in der Umkleidekabine waren. 20 Minuten lang“, erzählt die 19-Jährige aus dem Bezirk Melk.
Die beiden Kickerinnen filmten die Aufnahme mit ihren eigenen Handys ab, dann überlegten sie. Schließlich konfrontierten sie die Freundin des Trainers mit dem Material, am nächsten Tag weihten sie ihre Eltern ein. Die gaben ihren Töchtern den Rat, sich sofort bei der Exekutive zu melden. Daraufhin wurde telefonisch Anzeige erstattet; der Sachverhalt wurde schriftlich aufgenommen.
Dann passierte wochenlang – nichts.
Schließlich schaltete sich Anwältin Valentina Murr in die Causa ein; F. wurde einvernommen. Der Coach sagte aus, dass er vier bis fünf Mal den Duschbereich heimlich gefilmt, und die Aufnahmen nur für sich verwendet habe. Weiteres verdächtiges Material wurde bei ihm nicht gefunden.
Kein Vorsatz
Dass eine der Frauen seit dem Auffinden der Videoaufnahmen unter Anpassungsstörungen leidet, wollte die Staatsanwaltschaft St. Pölten nicht als vorsätzliche Körperverletzung gelten lassen. „Der Beschuldigte wollte nicht, dass seine Schülerinnen die Videos sehen, sodass dem Beschuldigten kein Vorsatz auf das Herbeiführen einer Gesundheitsschädigung (...) nachgewiesen werden kann (...)“, heißt es in einer Stellungnahme.
Weil sich das Gericht vermutlich an diese Einschätzung halten wird, bleibt Murr und ihren Mandantinnen somit nur der Gang zur Datenschutzbehörde.
„In dem Klub“, sagt Susanne S. nachdenklich, „trainieren auch viele Minderjährige. Die Jacke des Trainers hing sehr oft in der Kabine.“